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       # taz.de -- „Eine Rede für den internen Gebrauch“
       
       > Patrice Bouveret, Präsident des „Observatoriums zur Beobachtung der
       > französischen Atomwaffen“, siehtdie Drohung Chiracs nicht als Kurswechsel
       > in der Atomwaffenpolitik. Vielmehr sei sie Teil des Vorwahlkampfes
       
       taz: Bereitet Frankreich einen Atomkrieg vor? 
       
       Patrice Bouveret: Das glaube ich nicht. Vielmehr bestätigt Jacques Chirac,
       dass Frankreich weiterhin an der Entwicklung seiner Atomwaffen arbeitet.
       Diese technologische Fortentwicklung ist eine Konstante in der
       französischen Atombewaffnung. Sie steht im Widerspruch zu dem von
       Frankreich mitunterzeichneten Abkommen gegen die atomare Aufrüstung.
       
       Für einen Atomwaffenkritiker reagieren Sie ziemlich gelassen auf die
       Chirac-Rede. 
       
       Wir sind daran gewöhnt, dass Chirac eine Sache ankündigt und das Gegenteil
       tut. Die heutige Rede ist für den internen Gebrauch gedacht. Sie bedeutet
       keinen Kurswechsel in der französischen Atomwaffenpolitik.
       
       Ist die Drohung Chiracs Teil des Wahlkampfes in Frankreich? 
       
       Sie gehört zur Vorbereitung der Präsidentschaftswahlen. Es gibt im Inneren
       der französischen Rechten eine heftige Debatte zwischen zwei Amtsanwärtern:
       Sarkozy und de Villepin. Leider wird es aber keine grundsätzliche Debatte
       über die Frage geben, wozu die Force de Frappe nützlich sein soll. Sondern
       eher einen Wettlauf in der Frage: welcher Kandidat am wachsamsten ist –
       sowohl in Sachen Atomstreitmacht als auch bei der Reduzierung der
       Militärausgaben.
       
       Die Grundsatzfrage: „Brauchen wir Atombomben“ wird als nicht gestellt ? 
       
       Die radikale Linke wird sich natürlich damit befassen. Aber weder die
       Kandidaten der PS noch die der Rechten werden das tun. Im Gegenteil.
       
       Was raten Sie AtomwaffengegnerInnen – in Frankreich und im Ausland – zu
       tun? 
       
       Worauf man am meisten aufpassen muss, sind die Vorbereitungen einer
       Verteidigungspolitik der EU. Denn Frankreich versucht da, seine Force de
       Frappe zu positionieren. Andere Länder sind eher skeptisch. Dort haben die
       Atomwaffengegner eine wichtige Aufgabe. Zumal im Hintergrund zugleich ein
       neuerlicher Aufstieg der zivilen Nutzung der Atomenergie vorbereitet wird.
       Und zwischen den beiden Bereichen gibt es Querverbindungen.
       
       Wo finden diese EU-Vorbereitungen überhaupt statt? 
       
       Das ist eines der großen Probleme. Das Europaparlament und die
       Öffentlichkeit sind daran nicht beteiligt. Das machen die Staatschefs unter
       sich aus. Ohne Debatte über die Grundsatzfrage: Wollen wir eine gemeinsame
       europäische Verteidigung. Und wenn ja, welche?
       
       DOROTHEA HAHN
       
       20 Jan 2006
       
       ## AUTOREN
       
   DIR DOROTHEA HAHN
       
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