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       # taz.de -- Südafrika streitet über Geheimniskrämerei um Aids
       
       > Der Sprecher von Präsident Mbeki ist gestorben – vermutlich an Aids. Aber
       > das muss man nicht sagen, findet der Präsident. Wer es tut, ist ein
       > Aasgeier
       
       JOHANNESBURG taz ■ Der Mann starb unerwartet, in den besten Jahren. Er war
       ein Held des Befreiungskampfes und einer, der eine große politische Zukunft
       hatte. Bis hinauf zu Präsident Thabo Mbeki preist Südafrika seit einer
       Woche dessen früheren Sprecher Parks Mankahlana, der in der vergangenen
       Woche mit nur 36 Jahren gestorben ist. Offizielle Toderursache laut seiner
       Frau: Herzversagen wegen chronischer Anämie.
       
       Womöglich ist er daran wirklich gestorben, doch was hartnäckig dementiert
       wird: Anämie ist heutzutage eine seltene Krankheit und oft Folge einer
       HIV-Infektion. Schon seit Monaten gab es Gerüchte um eine mögliche
       Aids-Erkrankung von Mankahlana, der zuletzt aus gesundheitlichen Gründen
       von seinem Job suspendiert war. Kurz zuvor hatte er sich bei der 13.
       Weltaidskonferenz in Durban disqualifiziert. Er bezeichnete die sogenannte
       „Erklärung von Durban“, in der 5.000 Wissenschaftler aus aller Welt den von
       Präsident Mbeki angezweifelten Zusammenhang zwischen dem HI-Virus und Aids
       bekräftigten, als „Stück für den Papierkorb“.
       
       Weil immerhin einige Zeitungen den Mut hatten, zu schreiben, dass „Parks“ –
       wie Mankahlana allgemein genannt wurde – ein Aids-Opfer war, tobt nun in
       den südafrikanischen Medien erneut eine heftige Debatte, und die Trennlinie
       verläuft dabei einmal mehr zwischen Schwarz und Weiß. Im regierenden ANC
       und bei schwarzen Journalisten herrscht eindeutig die Meinung vor, der Tod
       sei eine Privatsache; weiße Kommentatoren verlangen, endlich das Schweigen
       über Aids zu brechen und bei einer öffentlichen Figur wie dem Sprecher des
       Präsidenten ein Beispiel für die Bevölkerung zu setzen.
       
       „Parks Mankahlana war ein Opfer von Aids – egal, ob er nun wirklich daran
       gestorben ist oder nicht“, konstatiert der bekannte weiße Journalist Mark
       Gevisser. „Weil Südafrikaner es nicht wagen können, ihren Aids-Status zu
       bekennen, leben wir in einem Teufelskreis von Gerüchten, der uns immer
       wieder zurückwirft anstatt uns mit der Pandemie zu befassen, die jeden Tag
       mehr Opfer unter uns fordert.“
       
       Für viele ehemaligen Weggefährten Mankahlanas, der früher der militanten
       ANC-Jugendliga angehörte, ist das Verrat und Rufmord. Über Tote spricht man
       in traditionellen Gesellschaften nicht schlecht, und Aids ist in Südafrika
       ein Tabu, obwohl es das Land mit den meisten HIV-Infizierten in der Welt
       ist. „Die Medien haben kein Recht darüber zu spekulieren, ob jemand an Aids
       gestorben ist“, schreibt Liseka Mda, enge Vertraute von Mbeki und
       beschimpft sie als „Geier, die die Knochen aus einer Leiche picken“.
       
       Nachdem Präsident Mbeki seit Monaten die eigene Bevölkerung mit seiner
       Aids-Politik verwirrt, hat die südafrikanische Regierung erneut eine Chance
       vertan, sich offensiv zu der Bedrohung durch die Krankheit zu bekennen, der
       Prognosen zufolge in den nächsten 15 Jahren in Südafrika zehn Millionen
       Menschen zum Opfer fallen werden. Es gebe keinen Grund, so Mbeki am
       Mittwoch auf einer Trauerfeier vor Hunderten von Gästen, an der Darstellung
       der Ehefrau zu zweifeln. KORDULA DOERFLER
       
       3 Nov 2000
       
       ## AUTOREN
       
   DIR KORDULA DOERFLER
       
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