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       # taz.de -- Feuer in der Küche
       
       > ■ „Brennende Betten“ von Geschlechterkämpferin Pia Frankenberg spielt
       > seit Donnerstag in der Schauburg, 21h
       
       Es gibt ein ganz einfaches Rezept, nach dem schon viele gute Komödien
       gemacht wurden: man nehme zwei merkwürdige und völlig gegensätzliche Typen,
       setze sie in eine Wohnung, in einen Bus für eine Reise durchs ganze Land
       und lasse beide langsam vor sich her köcheln. Claudette Colbert und Clark
       Gable in „It happened one night“ waren solch ein Paar, Robert de Niro und
       Charles Grodin zeigen in „Midnight Run“, daß Hollywood dieses Rezept auch
       heute noch kennt. Pia Frankenberg hat schon in ihrem ersten Spielfilm
       „Nicht Nichts Ohne Dich“ gezeigt, daß sie Sinn fürs Komische hat. Auch in
       ihrem neuen Film ist sie eine energische, neurotische und gefährlich
       schlagfertige Kriegerin im Kampf der Geschlechter, neben der die normalen
       deutschen Männer immer etwas dumm dastehen, auch ein Heiner Lauterbach
       würde da schnell zum Würstchen. Und so erscheint es ganz logisch, daß sie
       sich als Gegenpart einen Engländer in die Wohnung und in den Film holt, der
       auch ihre übelsten Attacken mit einem „I'm British, my dear“ glorreich
       kontert.
       
       Harry Winfield konnte in London bei Frau und Kindern nicht in Ruhe seiner
       Leidenschaft für Feuer und das Schlagzeugspielen nachgehen, und setzte sich
       nach Hamburg ab. Gina verließ ihr alltägliches Beziehungselend, um für sich
       die sexuelle Revolution nachzuholen:„Ich will keinen Mann mehr, ich will
       nur noch Männer“ ist ihr neues Motto. Beide ertricksen sich den Mietvertrag
       für eine kleine, muffelige Wohnung, und dort plagen sie sich dann aufs
       unterhaltsamste miteinander ab: alle paar Minuten fängt irgendetwas Feuer
       und das Heer von Ginas Eroberungen verbraucht zuviel Toilettenpapier.
       
       Pia Frankenberg ist klug genug'die meiste Zeit nur die beiden Typen
       aufeinander reagieren zu lassen, ohne groß darauf zu achten, wie es mit der
       Geschichte vorangeht. Ian Dury nahm offensichtlich erst während der
       Dreharbeiten seine ersten Deutschstunden. Klein und humpelnd, mit Spleen
       und Understatement ist er durch und durch britisch, aber eben gerade nicht
       typisch.
       
       Die Bilder des Kameramann Raoul Coutard, ein graues Hamburg und die
       schmuddelige Wohnung, bilden eher einen tristen Kontrapunkt zur
       komödiantischen Grundstimmung. Es gibt kaum optische Gags, die Komik liegt
       in den Dialogen, und da hat Pia Frankenberg eine in Deutschland ganz
       ungewöhnliche Vorliebe zur knappen, witzigen Antwort, dem „oneliner“. Es
       ist ja kein Zufall, daß es da das rechte deutsche Wort nicht gibt.
       
       Die Regisseurin hat offensichtlich auch eigene Erfahrungen mit
       Wohngemeinschaften: Der herausgezogene Stecker vom Kühlschrank, die
       Zeitschriften, die immer im Zimmer des anderen zusammengesucht werden
       müssen und als Überspitzung der ganz persönliche Wasserhahn sind Details,
       auf die man nur durch eigenes Leiden kommt.
       
       Nur wenn Pia Frankenberg mit der Geschichte weiterkommen will, hat der Film
       Längen. Da kommt dann auch noch Harrys Frau nach Hamburg, und beide
       verpassen sich an Haltestellen und Postkästen, oder Gina streunt durch die
       Bars, trifft sich mit ihrem Exfreund, und sie diskutiern ihre Beziehung.
       Immerhin behält sie dabei auch nach einem Heiratsantrag ein gutes letzte
       Wort mit „Mein Gott, ist das Glück spießig“, aber man wartet doch
       ungeduldig auf Harrys nächstes Feuer in der Küche und merkt, daß ohne das
       Spannungsverhältnis zwischen den beiden nichts vom Film übrig bleibt.
       
       Pia Frankenberg hat auch noch mit Ian Dury den Titelsong „Burning Beds
       Salsa“ gesungen, überhaupt ist die ganze Produktion mit swingender
       Filmmusik und einem witzigen Cartoonvorspann angenehm stimmig. Und
       gottseidank bleibt der Film in der Originalfassung. Durys Deutschstunde mit
       unschuldigen U-bahnpassagieren oder Ginas verlegenes Gestammel, wenn ihr
       das englische Wort für Condom nicht einfällt, kann man nicht
       synchronisieren. Aber bei den Untertiteln ist dann auch Schluß mit der
       guten Produktion. Wenn Frau Frankenberg da noch das Sagen gehabt hätte,
       wäre „lunatics“ nicht mit „Mondsüchtige“ übersetzt worden.
       
       Wilfried Hippen
       
       25 Nov 1988
       
       ## AUTOREN
       
   DIR wilfried hippen
       
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