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       # taz.de -- „Das Ganze hatte was von Slapstick“
       
       > Annette Ramaswamy reiste aus Göttingen nach Hamburg, um gegen G20 zu
       > demonstrieren. Jetzt wurde ihre Wohnung durchsucht
       
       Protokoll Juliane Preiß
       
       Wäre ich nicht so zu Tode erschrocken gewesen, ich wäre in lautes Lachen
       ausgebrochen. Das Ganze hatte was von Slapstick. Da stürmen morgens um
       Punkt sechs Uhr mindestens 25 vermummte und schwerbewaffnete Polizisten
       unsere Wohnung. Und mitten in dieser bedrohlichen Szene stellt sich der
       Einsatzleiter völlig formal vor: „Guten Tag, wir sind das Einsatzkommando
       Schwarzer Block.“
       
       Das ist doch irre. Aber eins muss ich der Polizei lassen, solche Einsätze,
       das können sie. Normalerweise höre ich alles, sogar, wenn die Nachbarn
       hinterm Haus ihre Fahrräder aufschließen, doch an diesem Morgen habe ich
       gar nichts gehört. Das waren gewaltige Männer, in voller Montur, die müssen
       geschlichen sein. Erst das Wummern an der Tür und das Brüllen habe ich
       gehört. Sie haben bis auf meine zwei Mobiltelefone ausschließlich Sachen
       meines Mannes mitgenommen, Festplatten, USB-Sticks. Einen eigenen Computer
       habe ich nicht.
       
       Dabei war ich die Zielperson, nicht mein Mann. Ich bin am 6. Juli nach
       Hamburg gefahren und habe im Volkspark-Camp übernachtet. Morgens habe ich
       mich einer Gruppe angeschlossen, um für eine bessere Welt zu demonstrieren.
       Wir wurden am Rondenbarg festgesetzt. Ich wurde in die
       Gefangenensammelstelle gebracht, durchsucht und musste alles abgeben, auch
       Schnürsenkel und Ohrringe. Weil ich nicht telefonieren durfte, setzte ich
       mich aus Protest auf den Boden. Da stürzten sich Leute auf mich und
       schrien: „Die kommt in Einzelhaft!“ Und so kam es. Irgendwann am nächsten
       Morgen wurde ich dem Haftrichter vorgeführt, ich hatte Glück und bekam eine
       Anwältin, dieselbe, die jetzt den Fall von Fabio V. betreut, eine tolle
       Frau. Der Vorwurf gegen mich lautete: Landfriedensbruch. Nach drei Tagen
       und Verlegungen nach Billwerder und Hahnöfersand durfte ich nach Hause.
       
       Und jetzt diese Razzia. Auf dem Beschluss für die Durchsuchung war noch der
       Vorwurf des Landfriedensbruch angegeben. Doch der Einsatzleiter hatte noch
       einen Durchschlag dabei, für die Beschlagnahmung von vermeintlichen
       Beweismitteln und darauf stand, dass „schwerer Landfriedensbruch“ vorläge.
       Das klärt jetzt mein Anwalt und auch warum das Zimmer unserer Tante
       durchsucht wurde, die bei uns wohnt. Bisher gibt es noch keine Anklage.
       
       7 Dec 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Juliane Preiß
       
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