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       # taz.de -- Debatte nach Exzessen im Schanzenviertel: Kein Alk mehr auf der Straße
       
       > SPD und CDU wollen ein Verbot des öffentlichen Trinkens an den
       > Brennpunkten Hamburgs prüfen. Den Bezirk Altona stören besonders die
       > Exzesse im Schanzenviertel.
       
   IMG Bild: Attraktion für Nachtschwärmer: die „Piazza“ im Hamburger Schanzenviertel.
       
       HAMBURG taz | Betrunkene, die Flaschen durch die Gegend werfen, in die
       Ecken kotzen und in die Hauseingänge pinkeln – das sind die
       Begleiterscheinungen der großen Party, die jedes Wochenende im Hamburger
       Schanzenviertel steigt. Das sei den eingesessenen Bewohnern nicht länger
       zuzumuten, findet die zuständige Bezirksversammlung Altona und hat deshalb
       die Verwaltung beauftragt, ein Handlungskonzept gegen den exzessiven
       Alkoholkonsum auf der Partymeile vorzulegen.
       
       CDU und SPD in der Bürgerschaft denken derweil schon weiter: Sie wollen
       prüfen, ob das Trinken von Alkohol an bestimmten Orten zu gewissen Zeiten
       verboten werden kann. Rechtlich ist das nicht einfach.
       
       Das Schanzenviertel, insbesondere der Platz vor der besetzten „Roten Flora“
       hat sich in den vergangenen 15 Jahren zu einer Attraktion für
       Nachtschwärmer entwickelt, die vergleichbar ist mit einschlägigen Plätzen
       an der Reeperbahn.
       
       Insbesondere seitdem der Platz im Zuge der städtebaulichen Aufwertung des
       Viertels zu einer „Piazza“ wurde, versammeln sich hier abends Hunderte von
       Vergnügungswilligen – nicht nur in, sondern auch vor den Kneipen.
       
       ## Die Straßenpary geht weiter
       
       Für viele Anwohner ist das zum Ärgernis geworden. Mit den Wirten streiten
       sie sich über den Lärm, den die Gastronomie auf den Gehsteigen verursacht.
       Doch wenn die Kneipiers spätabends die Gehsteige geräumt haben, geht die
       Straßenparty munter weiter – nicht zuletzt, weil sich die Gäste in den
       örtlichen Kiosken und Märkten günstig mit Alkohol versorgen können.
       
       „Das Amusement auf Kosten anderer hat ein Ausmaß angenommen, das nicht mehr
       tolerierbar ist“, sagt der SPD-Bezirksabgeordnete Mark Classen. Die
       Anwohner würden terrorisiert.
       
       Dagegen vorzugehen sei eine schwierige Sache, sagt Classen mit Blick auf
       entsprechende Anläufe in anderen Kommunen. Verbote und Auflagen könnten
       leicht mit den Grundrechten kollidieren. „Es hat bisher noch keine Regelung
       gegeben, gegen die nicht geklagt wurde“, sagt er.
       
       Gegen ein Alkoholverbot, wie es die Hamburgische Bürgerschaft erwägt, hätte
       er zwar nichts einzuwenden, so es sich denn als möglich erweise. Die
       Bezirksversammlung versuche jedoch, ihren eigenen Weg zu gehen.
       
       ## Der Ordnungsdienst ist zu schwach
       
       Im Hauptausschuss beschlossen ihre Fraktionen von der FDP bis zur Linken
       einstimmig, ein Handlungskonzept in Auftrag zu geben: Dabei könnte mit den
       Kiosk-Besitzern gesprochen werden, die am Straßenalkohol verdienen; es
       könnte versucht werden, den Lärmschutz zu gewährleisten und den
       Jugendschutz durchzusetzen. Dafür wäre der bezirkliche Ordnungsdienst mit
       seinem Dutzend Mitarbeitern aber zu schwach auf der Brust.
       
       Auf gesamtstädtischer Ebene liegt der Bürgerschaft ein Antrag der
       oppositionellen CDU vor, ein Gesetz zu verabschieden, das örtliche
       Alkoholverbote per Verordnung ermöglichen würde.
       
       „Es geht nicht um ein allgemeines Alkoholverbot“, versichert der
       CDU-Abgeordnet Kai Voet van Vormizeele. Es solle nur dort eingegriffen
       werden, wo sich alkoholbedingte Straftaten und Ordnungswidrigkeiten
       häuften.
       
       Am 2. August will das Landesparlament von Experten und Anwendern hören, ob
       das funktionieren könnte und sich lohnen würde. Der Antrag zielt vor allem
       darauf, Trinkertreffs zu sprengen, wie sie sich auf Bahnhofsvorplätzen
       gerne bilden.
       
       13 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
       ## TAGS
       
   DIR Alkoholverbot
       
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