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       # taz.de -- Einstufung der Brandenburger AfD: Verfassungsschutz-Gutachten an rechtes Portal geleakt
       
       > Der Verfassungsschutz stuft Brandenburgs AfD als gesichert rechtsextrem
       > ein. Das entsprechende Gutachten hat jetzt ein rechtes Online-Medium
       > vorab veröffentlicht.
       
   IMG Bild: Gesichert rechtsextremistisch: Brandenburgs AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt auf einem Wahlplakat in Golßen
       
       Berlin taz | Das Wirrwarr um die [1][Einstufung der AfD Brandenburg als
       „gesichert rechtsextremistisch“] geht weiter. Eigentlich wollte
       Brandenburgs Innenminister René Wilke (parteilos, für SPD) das Gutachten
       des Landesamts für Verfassungsschutz am Donnerstag gemeinsam mit dem neuen
       Chef der Behörde, Wilfried Peters, vorstellen. Doch das rechtspopulistische
       Nachrichtenportal Nius hat den 142 Seiten umfassenden Vermerk wohl bereits
       am Montag online veröffentlicht.
       
       Das Brandenburger Innenministerium wollte die Echtheit des Dokuments weder
       bestätigen noch dementieren. „Vor der am Donnerstag geplanten
       Veröffentlichung werden wir uns nicht dazu äußern“, sagte ein Sprecher am
       Dienstag.
       
       Im von Nius geleakten mutmaßlichen Gutachten heißt es, dass „keine Zweifel
       mehr an der extremistischen Ausrichtung des gesamten Landesverbands
       bestehen können“. Die AfD Brandenburg habe die bei der Einstufung als
       sogenannter rechtsextremistischer Verdachtsfall im Jahr 2020 festgestellten
       „verfassungsfeindlichen Bestrebungen“ im Prüfzeitraum „weiter fortgesetzt
       und erheblich intensiviert“. Deshalb sei der Verband als erwiesen
       rechtsextremistisch einzustufen.
       
       Als Belege führt der Verfassungsschutz unter anderem eine umfassende
       Sammlung von Zitaten von Brandenburger AfD-Politiker*innen an. Die
       Äußerungen sind eingeteilt in die Kategorien „Verstöße gegen die
       Menschenwürde“ – allein diese umfasst 37 Seiten – sowie „Verstöße gegen das
       Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip“ mit 25 Seiten.
       
       ## „Fremdenfeindlicher Überbietungswettbewerb“
       
       „Die Partei gibt taktische Zurückhaltung zunehmend auf“, analysiert die
       Behörde. Das betreffe unter anderem migrationspolitische Forderungen, „die
       mit einem ethnisch-abstammungsmäßigen Volksbegriff gekoppelt sind“. Der
       Begriff „Remigration“ werde als „Wahlkampfslogan und Projektionsfläche“
       verwendet, zudem lieferten sich AfD-Politiker*innen einen
       „fremdenfeindlichen Überbietungswettbewerb“, heißt es weiter.
       
       Darüber hinaus attestiert die Behörde dem Landesvorstand um Parteichef René
       Springer und dem Vorsitzenden der Landtagsfraktion, Hans-Christoph Berndt,
       „eine intensivierte Vernetzung mit Akteuren des rechtsextremistischen
       ‚Vorfelds‘“, etwa der „[2][Identitären Bewegung]“, dem [3][rechtsextremen
       Magazin Compact] und dem [4][offiziell aufgelösten „Institut für
       Staatspolitik“] des rechten Vordenkers Götz Kubitschek. Im Übrigen werden
       Aussagen von Springer und Berndt an mehreren Stellen als Belege für die
       verfassungsfeindliche Ausrichtung des Landesverbands herangezogen.
       
       ## Politisches und juristisches Gezerre
       
       Das nun vorliegende Papier ist auf den 14. April 2025 datiert. An jenem Tag
       war ursprünglich die Neubewertung der Brandenburger AfD durch das Landesamt
       für Verfassungsschutz erfolgt. Dagegen ging die AfD gerichtlich mit einem
       Eilantrag und einer Klage vor – die Hochstufung [5][musste daraufhin Ende
       Mai ausgesetzt werden], der Vermerk konnte nicht veröffentlicht werden.
       
       Zudem führte der Umgang mit der AfD zu einer Regierungskrise in
       Brandenburg: Zuerst [6][feuerte die damalige Innenministerin Katrin Lange
       (SPD) Landesverfassungsschutzchef Jörg Müller] wegen der Neubewertung.
       Wenig später musste Lange – Kritikerin der Hochstufung und vehemente
       Gegnerin eines AfD-Verbotsverfahrens – selbst gehen.
       
       Auf Druck ihres Nachfolgers René Wilke zog die AfD die Klage dann Ende Juli
       zurück. Seitdem kann der Landesverband wieder offiziell als „gesichert
       rechtsextremistisch“ bezeichnet werden. Das Gutachten durfte allerdings
       noch nicht verbreitet werden, weil die AfD nicht das Einverständnis der
       darin namentlich genannten Personen eingeholt hatte. Also musste der
       Verfassungsschutz noch die Namen von jenen schwärzen, die nicht als
       Personen der Zeitgeschichte gelten – was bis Donnerstag abgeschlossen sein
       sollte.
       
       Auch in dem von Nius veröffentlichten Dokument gibt es an mehreren Stellen
       Unkenntlichmachungen; es ist jedoch unklar, ob diese von der Behörde
       vorgenommen wurden.
       
       ## AfD ist für Veröffentlichung
       
       Laut eigener Aussage befürwortet die Brandenburger AfD die Veröffentlichung
       des Verfassungsschutz-Gutachtens. Bereits in der vorvergangenen Woche
       erklärte Parteichef Springer, er freue sich auf den Tag, an dem der Vermerk
       „endlich“ öffentlich wird: „Damit sich jeder Bürger selbst ein Urteil über
       die politisch motivierte Arbeit des Inlandsgeheimdienstes bilden kann.“ Er
       sehe ihn als „politischen Kampfauftrag“.
       
       Die selbst verschuldeten Verzögerungen durch die Klage und die
       erforderlichen Schwärzungen sowie die jetzt erfolgte vorzeitige
       Veröffentlichung des Dokuments nutzten Partei und Fraktion zur
       Stimmungsmache: Springer sprach von einem „Armutszeugnis“ für den
       Verfassungsschutz, die Fraktion in ihrem Newsletter von einer „Posse, die
       derzeit im Innenministerium veranstaltet wird“.
       
       Die AfD Brandenburg ist nach Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen nun der
       vierte Landesverband, den der jeweilige Landesverfassungsschutz als
       gesichert rechtsextremistisch einordnet. Auch auf Bundesebene hatte der
       Verfassungsschutz die gesamte AfD als gesichert rechtsextremistisch
       hochgestuft. Die Bewertung [7][ruht allerdings, bis das Verwaltungsgericht
       Köln über einen Eilantrag der Partei entschieden hat].
       
       12 Aug 2025
       
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