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       # taz.de -- Großbritannien pokert in der Krise: Kopfschütteln über Cameron
       
       > Der britische Premierminister will die Eurokrise nutzen, um
       > Sonderkonditionen für sein Land herauszuschlagen. Brüssel lehnt diesen
       > Sonderweg in der EU aber ab.
       
   IMG Bild: Will offenbar die EU-Sozialgesetze lockern: Großbritanniens Premier David Cameron.
       
       BRÜSSEL taz | Der britische Premier Cameron will die Eurokrise nutzen, um
       Sonderkonditionen für sein Land herauszuschlagen. Er strebe eine „neue
       Vereinbarung“ mit der EU an, sagte Cameron der BBC. Offenbar will er die –
       ohnehin laxen – EU-Sozialgesetze lockern. Die Ankündigung hat heftiges
       Kopfschütteln in Brüssel ausgelöst.
       
       Offiziell wollte die EU am Montag zwar nicht Stellung nehmen. Cameron werde
       seine Position erst Ende des Monats in einer europapolitischen
       Grundsatzrede bestimmen, sagten EU-Diplomaten, das müsse man abwarten.
       Offenbar sei der britische Premier von der Drohung eines EU-Austritts
       abgerückt, machen sich die Offiziellen Mut.
       
       Mit Befremden wird aber notiert, dass Cameron die nach der Europawahl 2014
       geplante Reform der Eurozone – und die damit verbundene Änderung der
       EU-Verträge – nutzen will, um Änderungen am britischen Status vorzunehmen.
       „Ihr [die Europartner] müsst Änderungen vornehmen, und es gibt auch einige
       Änderungen, die Großbritannien gern vornehmen würde“, sagte Cameron.
       
       Was damit gemeint ist, bleibt vorerst vage. Cameron deutete zwar an, dass
       er die auch in Deutschland umstrittene EU-Arbeitszeitrichtlinie abschaffen
       und Sozialleistungen für Migranten beschneiden will. Das dürfte aber nur
       ein Vorgeschmack auf sein Forderungspaket sein. Darin dürfte es wohl um den
       Finanzplatz London gehen, vermuten EU-Insider.
       
       ## Fiskalpakt abgelehnt
       
       Mit Hinweis auf angeblich drohende Nachteile für die City hatte Cameron im
       Dezember 2011 den Fiskalpakt abgelehnt. Damals setzte sich Bundeskanzlerin
       Angela Merkel (CDU), ohne mit der Wimper zu zucken, über die britische
       Blockade hinweg. Doch inzwischen hat Merkel ihre Haltung geändert. Beim
       ersten Budget-Sondergipfel im November 2012 suchte sie den Schulterschluss
       mit Cameron.
       
       Die große Frage ist nun, ob dies nur ein taktisches Manöver war, um die
       Briten bei der Stange zu halten – oder ob Merkel und Cameron tatsächlich
       gemeinsame Sache machen, wenn es um den Rückbau der EU geht. Einen ersten
       Hinweis dürfte der nächste Budgetgipfel Anfang Februar geben.
       
       Wenn Cameron und Merkel dann wieder Hand in Hand auftreten, könnte es für
       die EU ernst werden. Allerdings muss Cameron zunächst seine eigenen
       Landsleute überzeugen. Nicht einfach: Denn sowohl die Europagegner bei den
       Torys als auch die EU-Freunde bei den Liberaldemokraten machen mobil.
       
       7 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
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