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       # taz.de -- Volksbegehren in Spanien erfolgreich: Zwangsräumungen könnten kippen
       
       > Aus der Wohnung fliegen und dann auch noch Schulden haben? In Spanien
       > berät das Parlament nun einen Gesetzentwurf, der das stoppen soll.
       
   IMG Bild: Asun Querol Revilla und ihr Mann Emilio Martin Manjon haben Glück gehabt: Ihre Zwangsräumung wurde aufgeschoben, weil sie als besonders „bedürftig“ gelten.
       
       MADRID taz | Spaniens Parlament nahm Dienstagabend ein Volksbegehren gegen
       die Zwangsräumungen von Wohnungen an. Dabei gab es keine Gegenstimme und
       nur eine Enthaltung. Der Gesetzentwurf sieht die sofortige Aussetzung aller
       Räumungsverfahren vor. Außerdem soll denjenigen, die ihre Wohnung bereits
       verloren haben, die Schulden erlassen werden. Für den Gesetzentwurf hatten
       verschiedene Bürgerinitiativen gegen Zwangsräumungen von Kreditschuldnern
       und die Gewerkschaften mehr als 1,4 Millionen Unterschriften gesammelt.
       
       Wer auf Betreiben der Banken aus seiner Wohnung fliegt, muss bisher in
       Spanien dennoch die Differenz des Wohnungskredits und des aktuellen
       Marktpreises der beschlagnahmten Bleibe abbezahlen. Da die Wohnungspreise
       seit dem Platzen der Spekulationsblase ständig fallen sind dies oft
       Zehntausende von Euro.
       
       Das Parlament wird jetzt in einer Sitzung über den Entwurf beraten. Ob er
       dann tatsächlich angenommen wird, ist ungewiss. Dennoch feierten Hunderte
       von Betroffenen und Unterstützer vor dem Parlamentsgebäude in Madrid die
       Abstimmung mit dem Ruf „Sí se puede!“ – das spanischsprachige Pendant zum
       us-amerikanischen „Yes we can!“
       
       Es ist erst die zweite Volksinitiative für einen Gesetzentwurf, der in der
       Geschichte der spanischen Demokratie die Hürde ins Parlament nimmt. Die
       andere wurde ebenfalls am Montag angenommen, Thema: „Den Stierkampf zum
       nationalen Kulturerbe ernennen.“ Zuvor waren bei einer
       Unterschriftensammlung fast 600.000 Unterschriften für die Bewahrung der
       umstrittenen Tradition zusammengekommen, die in Katalonien 2012 verboten
       worden war.
       
       Die Volksinitiative für einen Gesetzentwurf (ILP) gegen die Zwangsräumungen
       wurde förmlich in letzter Minute zugelassen. Erst wenige Stunden vor der
       spätabendlichen Abstimmung hatte die regierende Partido Popular (PP) des
       konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy ihre Meinung geändert.
       Eigentlich wollte sie gegen den Entwurf stimmen.
       
       Der Meinungsumschwung dürfte - auch wenn dies von PP-Sprechern geleugnet
       wird – nicht zuletzt mit einer schrecklichen Nachricht zu tun haben, die
       wenige Stunden vor der Parlamentssitzung bekannt wurde. Auf der
       Urlaubsinsel Mallorca nahm sich ein Ehepaar – 67 und 68 Jahre – das Leben,
       als ihnen mitgeteilt wurde, dass der Gerichtsvollzieher sie in einer Woche
       aus ihrer Wohnung werfen wolle.
       
       Bereits am Sonntagabend hatte im Baskenland ein 58-Jähriger aus dem
       gleichen Grund Selbstmord verübt. Insgesamt zählen die Initiativen gegen
       Zwangsräumungen 12 solcher Fälle. 2012 wurden in Spanien täglich 517
       Räumungsverfahren eingeleitet.
       
       „Wir sind zufrieden, die Mobilisierungen sind für etwas gut“, erklärt die
       Sprecherin der Initiativen, Ada Colau. „Doch das Wichtigste haben wir noch
       vor uns. Wir müssen verhindern, dass der Gesetzentwurf entschärft wird.“
       Die aufgeführten Punkte seien „Mindestanforderungen“ an das Parlament, sagt
       sie. Für Samstag ist in Madrid eine Großdemonstration zum Thema geplant.
       
       13 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reiner Wandler
   DIR Reiner Wandler
       
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