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       # taz.de -- Republikaner-Spot geht offline: Arschkarte gezogen
       
       > Sie warben mit fremden Ärschen. Jetzt sind sie selbst gekniffen: Der
       > Wahlwerbespot der Republikaner muss vom Netz.
       
   IMG Bild: Hier wussten die Komparsen was sie taten: Dreharbeiten zu einem Märchen
       
       BERLIN taz | So schön kann Häme enden: Die Republikaner, eine rechte
       Partei, die fast in Vergessenheit geraten war, wollte in diesem Wahlkampf
       nochmal den großen Auftritt wagen. Sie plakatierte bunte Ärsche an die
       besonders hohen Stellen der Laternenpfosten. Darauf zu sehen: Bemalte
       Hinterteile, die für das etablierte Parteienspektrum stehen sollten.
       
       Auch in ihrem Wahlwerbespot sind bunte Hintern zu sehen, mit engen Tangas.
       Alle bemalt. Daneben tanzen ein paar junge Leute, es sieht etwas unbedarft
       aus. Zur Szenerie gibt es Musik, eine Art deutscher National-Rap. „Es ist
       wieder an der Zeit, wir können den größten Arsch wählen.“ So beginnt das.
       Oder besser begann.
       
       Denn in einem am Freitag ergangenen Beschluss des Berliner Landgerichts,
       der der taz vorliegt, wird den Republikanern untersagt, das Video weiter zu
       verbreiten. Der Punkt: Darin halten junge Komparsen ihren Arsch für etwas
       hin, mit dem sie nichts zu tun haben wollen.
       
       Die kleine [1][Werbeagentur] [2][Sunshine GmbH] aus dem bayrischen Kempten
       hatte über die [3][Berliner Casting-Agentur Wanted] Komparsen gemietet, die
       angeblich für einen Musikclip tanzen sollten. Um welche Band es ging,
       wollten die Auftraggeber nicht sagen – das ist durchaus üblich in der
       Branche, weil große Bands damit vermeiden wollen, dass Details zu den
       Produktionen bekannt werden, ehe die Platten auf dem Markt sind. Die
       Berliner schickten also Leute.
       
       ## Plötzlich im Fernsehen
       
       Ein paar von ihnen wurden bunt angemalt, Bodypainiting. Mal rot, mal grün,
       mal gelb und schwarz. Und dann gab es Nahaufnahmen von ihren Gesäßen.
       Tagessatz 250 Euro. Ein paar andere mussten nur tanzen. Es lief zwar keine
       Musik im Aufnahmestudio, aber wackeln taten sie trotzdem, für die
       Videokameras. Tagessatz 75 Euro.
       
       Und dann sahen sich die Komparsen, die meisten von ihnen junge Studierende,
       plötzlich im öffentlich-rechtlichen Fernsehen wieder – als Wahlwerbung für
       die Republikaner, eine Rechtsausleger-Partei, die in zehn Bundesländern zur
       Wahl antritt. Einer der Komparsen erhielt einen Anruf seiner Schwester.
       Wieso er plötzlich für die Republikaner werbe?
       
       Tatsächlich hatten die Komparsen in einem Vertrag "sämtliche weltweiten,
       zeitlich, räumlich und gegenständlich unbeschränkten Verwertungsrechte
       (...) in allen Medien und auf jede beliebige Art und Weise" eingeräumt. Das
       sei eine viel zu allgemeine Fangklausel, sagt der Berliner Rechtsanwalt der
       Komparsen, Johnny Eisenberg. Er begründete seinen Antrag bei Gericht
       außerdem mit arglistiger Täuschung. Mit Erfolg.
       
       Der Spot darf vorerst nicht mehr gezeigt werden, entschied das Gericht in
       seiner einstweiligen Verfügung am Freitag. Die Komparsen und die Agentur
       hatten sich gewehrt. Denn dem Anschein nach täuschte die Sunshine GmbH die
       Beteiligten über die tatsächliche Verwendung hinweg.
       
       „Das war eine Täuschung und ich fühle mich betrogen“, sagt einer der
       Komparsen der taz. Er möchte namentlich nicht genannt werden, um nicht noch
       weiter mit den Republikanern in Verbindung gebracht zu werden.
       
       Auch die Berliner Agentur Wanted ist stinksauer – und erstattete gleich
       noch Anzeige beim bayrischen Zoll. Der möge einmal prüfen, ob die Sunshine
       GmbH den Auftrag ordnungsgemäß gemeldet, gegebenenfalls Steuern und
       Abgaben, abgeführt habe.
       
       ## Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro
       
       „Die Komparsen“, sagt Michael Jahnke von der Berliner Casting-Agentur,
       „hätten diesen Auftrag nie angenommen, wenn sie gewusst hätten, für wen sie
       hier missbraucht werden sollten.“
       
       Dementsprechend müssen die Republikaner das Video nun schleunigst vom Netz
       nehmen – sonst kann laut Gericht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro
       drohen. Auch am Montagmittag war das Video allerdings noch immer auf der
       Homepage der Republikaner abrufbar.
       
       Der Fall erinnert an eine Peinlichkeit, die vor einigen Tagen im Netz die
       Runde machte: [4][Dem Hamburger Blogger Dennis Sulzmann war aufgefallen,
       dass Bilder einer radelnde Familie sowohl von der NPD und der FDP, als auch
       von einem finnischen Quarkhersteller genutzt worden waren.] Bei den
       Republikanern liegt der Fall allerdings anders, schließlich waren die
       Komparsen für ihr Tänzchen extra gebucht worden.
       
       Ein Sprecher der Republikaner wollte sich am Freitagnachmittag auf
       Nachfrage der taz nicht inhaltlich zu der Angelegenheit äußern. Die
       Sunshine GmbH gab sich auf Nachfrage erstaunt und behauptete, es könne
       versichert werden, „dass unsere Firma mit der Partei 'Die Republikaner'
       keinen Vertrag über einen Filmclip abgeschlossen hat.“
       
       Das muss allerdings wenig heißen. Nach Auskunft der Stadt Kempten saß der
       Geschäftsführer der Sunshine GmbH, Klaus Münzberg, dort von Mai 1990 bis
       September 1998 für die Republikaner im Stadtrat.
       [5][23-juni-2012&catid=226:2012-juni&Itemid=1367:Laut der
       antifaschistischen informations-, dokumentations- und archivstelle a.i.d.a.
       ließ er sich außerdem etwa 2012 ins Landesschiedsgericht der Republikaner
       berufen].
       
       ## Erster Erfolg für Komparsen
       
       Es war auch die Sunshine GmbH, die die Bundesgeschäftsstelle der
       Republikaner am Freitag umgehend darüber informierte, dass die taz zum Fall
       recherchiert. Anzunehmen ist also, dass rein formell eine „Band“
       vorgeschickt wurde, die offiziell als Vertragsnehmer und -geber in
       Erscheinung tritt, damit es keinen Direktvertrag gibt.
       
       Der Text jener „Band“ lässt jedenfalls keinen Zweifel daran, dass es sich
       um Wahlwerbung handelt. Auch diesen Text bekamen die Komparsen nie zu
       hören.
       
       Einen ersten Erfolg haben die Komparsen jedenfalls erkämpft. Das Video darf
       nicht mehr gezeigt werden. Nun stellt sich noch eine weitere Frage: Wem
       gehören eigentlich die Ärsche auf den Postern? Der Po-Vergleich ergibt:
       Wahrscheinlich den gleichen Komparsen. Aber da müsste erst noch ein
       Gutachter ran. Gibt es sowas eigentlich? Arsch-Gutachter?
       
       6 Sep 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.sunshine-gmbh.de/
   DIR [2] http://www.sunshine-gmbh.de/
   DIR [3] http://agentur-wanted.de/index/de/html
   DIR [4] http://heutigentags.de/
   DIR [5] http://aida-archiv.de/index.php?option=com_content&view=article&id=3076
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martin Kaul
       
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