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       # taz.de -- Italiens bester Mann
       
       > ■ Carlo Azeglio Ciampis glatte Wahl zum Staatspräsidenten wird einhellig
       > begrüßt
       
       Ungewöhnlich schnell, nämlich bereits im ersten Wahlgang, hat Italiens
       Bundesversammlung gestern das neue Staatsoberhaupt gewählt: Carlo Azeglio
       Ciampi, 78, derzeit noch Schatzminister, ist der zehnte Präsident der
       italienischen Republik.
       
       Regierung und große Teile der Opposition hatten sich am Vorabend auf den
       parteilosen ehemaligen Notenbankchef und Ministerpräsidenten verständigt.
       So konnte Ciampi 707 von 990 abgegebenen Stimmen auf sich vereinigen. Die
       von einer Bürgerinitiative vorgeschlagene EU-Kommissarin Emma Bonino
       erhielt lediglich 15 Stimmen.
       
       1979 war der 1920 in Livorno geborene Ökonom Gouverneur des obersten
       Währungsinstitutes geworden. Dort erwarb der verbindliche, aber nie
       überschwengliche Finanzexperte bald internationalen Ruf als eine der
       wenigen integren Figuren der italienischen Öffentlichkeit.
       
       1993, als die Korruptionsermittlungen nahezu die gesamte politische
       Nomenklatura hinwegfegten, leitete er das erste reine Technokratenkabinett,
       brachte es als erster seit drei Jahrzehnten fertig, termingerecht Ende
       November einen Haushalt fürs nächste Jahr aufzustellen – und trat nach
       vollbrachter Tat 1994, wie angekündigt, zurück. Romano Prodi holte ihn als
       Superminister zurück, der sowohl über den Haushalt wie über das Schatzamt
       verfügte, und dem die Erfüllung der Maastricht-Kriterien übertragen wurde;
       auch Prodis Nachfolger Massimo D'Alema beeilte sich, Ciampi in seinem Amt
       zu bestätigen.
       
       Nun zieht er in den Renaissance-Palast auf dem Quirinal ein, dem ehemaligen
       Sitz der Päpste und italienischen Könige. Ciampi wird auch da wieder
       Zeichen setzen als Staatsmann, der den konstitutionellen Auftrag des
       Ausgleichs und der Überparteilichkeit mit entschlossener Freundlichkeit
       ausführt. Er sei, meint die Zeitung La Repubblica, Symbol eines neuen,
       stabilen, besseren Italiens. Werner Raith, Rom
       
       14 May 1999
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Werner Raith
       
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