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       # taz.de -- Michail Chodorkowski in Berlin: In Russland droht erneute Haft
       
       > Der Kreml-Gegner Chordorkowski will nicht zurück nach Russland. Er
       > befürchtet, dort erneut festgehalten zu werden. Am Nachmittag will er
       > sich in Berlin näher äußern.
       
   IMG Bild: Michail Chodorkowski im Berliner Mauermuseum am ehemaligen Checkpoint Charlie.
       
       BERLIN dpa | Der aus dem Straflager entlassene Kremlgegner Michail
       Chodorkowski (50) will vorerst nicht nach Russland zurückkehren. Das sagte
       er in einem am Sonntag in Moskau veröffentlichten Interview der
       kremlkritischen Zeitschrift The New Times. „Wenn ich zurückkehre, könnten
       sie mich ein zweites Mal schon nicht mehr rauslassen, weil es formell viele
       Gründe gibt, für die man mich festhalten kann“, sagte der 50-Jährige.
       
       Er glaube, dass sich Kremlchef Wladimir Putin mit der Begnadigung auch
       deshalb leichtgetan habe, weil er direkt nach Deutschland ausgereist sei.
       Zugleich betonte der einst schärfste Gegner Putins, dass es für seine
       Freilassung keine Bedingungen gegeben habe.
       
       Allerdings habe er in einem persönlichen Brief an Putin etwas geschrieben,
       worüber er bisher nie öffentlich gesprochen habe. „Ich habe nicht vor, mich
       mit Politik zu befassen und werde auch nicht um Rückgabe der Aktiva
       kämpfen“, zitierte die Zeitschrift Chodorkowski.
       
       Der einst reichste Mann Russlands war Chef des inzwischen zerschlagenen
       größten russischen Ölkonzerns Yukos. Nach öffentlicher Kritik an Putins
       Politik war er 2003 festgenommen worden. In zwei international umstrittenen
       Verfahren wurde er unter anderem wegen Steuerhinterziehung, Geldwäsche und
       Öldiebstahls verurteilt. Regulär wäre seine mehrfach reduzierte Haftzeit im
       August 2014 zu Ende gewesen.
       
       Was von seinem Vermögen noch übrig ist, weiß der einstige Konzernchef
       nicht: „Ich kenne meine finanziellen Verhältnisse derzeit nicht. Das Geld
       reicht mir zum Leben. Fußballvereine werde ich nicht kaufen“, so
       Chodorkowski.
       
       Chodorkowski betonte erneut, dass er das Gnadengesuch an Putin ohne
       schriftliches Schuldeingeständnis unterzeichnet habe. Dies sei die
       Schlüsselfrage gewesen bei den Verhandlungen mit dem Kreml. Putin hatte
       immer wieder auf ein solches Schriftstück Wert gelegt.
       
       ## Vertrauensperson Genscher
       
       Dabei lobte er ausdrücklich die Rolle von Ex-Außenminister Hans-Dietrich
       Genscher bei seiner Freilassung. Für solche Verhandlungen sei jemand nötig
       gewesen, der sowohl für Putin vertrauenswürdig sei als auch für ihn selbst,
       sagte Chodorkowski der russischen Journalistin Xenia Sobtschak am Sonntag
       in Berlin. „Ich war mit Herrn Genscher bekannt und habe gesagt, dass ich
       bereit bin, ihm in dieser Frage zu vertrauen“, sagte Chodorkowski.
       
       Die Begnadigung durch Putin sei letztlich mit Blick auf seine familiäre
       Situation erfolgt, sagte Chodorkowski in dem Interview, dessen Mitschrift
       der kremlkritische Fernsehsender Doschd veröffentlichte. Der Kanal zeigte
       zudem ein Video von dem Wiedersehen Chodorkowskis mit seiner krebskranken
       Mutter Marina in Berlin.
       
       ## Pressekonfernez im Mauermuseum
       
       Das von Genscher vorbereitete Gnadengesuch an Putin sei ihm am 12. November
       von Anwälten zur Unterschrift vorgelegt worden, sagte Chodorkowski. Vor
       einer am Sonntag für 13.00 Uhr in Berlin geplanten Pressekonferenz betonte
       er, dass er noch immer nicht mit allen Details seiner Freilassung vertraut
       sei. Als Ort für die Pressekonferenz hat Chodorkowski das private
       Mauermuseum am ehemaligen Berliner Grenzübergang Checkpoint Charlie
       ausgewählt.
       
       Im Gespräch mit der Moskauer Starreporterin Sobtschak bestätigte er auch,
       dass er neben dem Gnadengesuch einen persönlichen Brief an Putin
       geschrieben habe mit Erklärungen zu seiner familiären Lage und zu seinen
       Zukunftsplänen. Er sei Putin dankbar, dass er die persönlichen Details des
       Briefes nicht öffentlich gemacht habe.
       
       Allerdings machte der frühere Öl-Milliardär deutlich, dass er sich weiter
       einsetzen wolle dafür, dass auch andere inhaftierte frühere
       Yukos-Mitarbeiter wieder in Freiheit kommen. Das Vorgehen des russischen
       Staates gegen den Konzern kritisierte Chodorkowski erneut als
       "ungesetzlich".
       
       22 Dec 2013
       
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