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       # taz.de -- Streit um Ausbau von Stromtrassen: Oettinger rügt Seehofer
       
       > Neue Stromleitungen sind „notwendig – und zwar sehr schnell“, sagt
       > EU-Energiekommissar Oettinger. Er kritisiert die Antihaltung der
       > bayerischen Regierung.
       
   IMG Bild: Davon soll es noch viel, viel mehr geben
       
       BERLIN afp | EU-Energiekommissar Günther Oettinger hat mit Unverständnis
       auf die Forderung Bayerns reagiert, den Ausbau der Stromtrassen
       auszusetzen. In Bayern gingen „in den nächsten Jahren große Kernkraftwerke
       vom Netz“, sagte Oettinger der Zeitung Die Welt (Donnerstagsausgabe). Die
       Leitungen seien „notwendig – und zwar sehr schnell“. Die bayerische
       Staatsregierung hatte den Ausbau des Stromleitungsnetzes zuvor in Frage
       gestellt.
       
       Wenn Atomkraftwerke abgeschaltet würden, werde Strom aus anderen Quellen
       benötigt, sagte Oettinger. Den bayerischen Ministerpräsidenten Horst
       Seehofer (CSU) forderte er zum Einlenken auf. „Wenn er den Bau der
       Stromtrassen ermöglicht und mitwirkt, dass die Akzeptanz steigt, ist das
       sehr willkommen.“ Um Bürgerproteste gegen den Netzausbau gering zu halten,
       empfahl der CDU-Politiker, die Bürger einzubinden.
       
       CSU-Staatskanzleichefin Christine Haderthauer hatte nach Bürgerprotesten
       gegen neue Höchstspannungsleitungen ein Moratorium für den Stromtrassenbau
       in Bayern gefordert. Alte Planungen müssten zudem überprüft werden, weil
       sich die Geschäftsgrundlage mit der von Bundeswirtschaftsminister Sigmar
       Gabriel (SPD) geplanten Reform der Ökostrom-Förderung ändere, zitierte die
       Frankfurter Allgemeine Zeitung (Donnerstagsausgabe) die CSU-Politikerin.
       
       Stromnetzbetreiber zeigten sich angesichts der Haltung Bayerns überrascht.
       „Unsere bisherigen Planungen finden auf der Grundlage des von Bundestag und
       Bundesrat beschlossenen Bundesbedarfsplangesetzes statt“, sagte der
       technische Geschäftsführer des Netzbetreibers Amprion, Klaus Kleinekorte,
       der FAZ.
       
       ## 800 Kilometer lange Verbindung
       
       Die Betreiber des größten Netzausbauprojektes der Energiewende hatten zuvor
       am Mittwoch den geplanten Verlauf der längsten neuen Stromtrasse quer durch
       Deutschland vorgestellt. Die rund 800 Kilometer lange sogenannte
       Suedlink-Verbindung soll ab dem Jahr 2022 Windstrom von Schleswig-Holstein
       bis nach Bayern und Baden-Württemberg transportieren. Dabei könne die
       Trasse über Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen führen, wie die
       Betreiber Tennet und TransnetBW am Mittwoch mitteilten.
       
       Der vorgestellte Korridor für die Gleichstromtrasse führt von Wilster in
       Schleswig-Holstein südlich nach Niedersachsen an Verden/Aller vorbei und
       geht dann zwischen Hannover und Lehrte an Hildesheim vorbei Richtung Süden.
       Danach führt er weiter in südwestlicher Richtung an Höxter, Beverungen und
       Warburg und westlich an Kassel vorbei. Anschließend geht es westlich an Bad
       Hersfeld vorbei nach Süden und schließlich an Fulda vorbei nach
       Grafenrheinfeld in Bayern. Eine zweite Verbindung soll von Brunsbüttel nach
       Großgartach in Baden-Württemberg führen.
       
       Die Betreiber forderten in ihrer Mitteilung mehr politische Unterstützung
       für den Netzausbau: Die Politik müsse sich sicher sein, dass die großen
       Stromverbindungen weiter ihren Beitrag zur Energiewende leisten sollten.
       
       Informationsveranstaltungen für Bürger und Gemeinden entlang des geplanten
       Trassenverlaufs würden erst dann starten, wenn es eine klare Unterstützung
       der Stromverbindung auf Landes- und Bundesebene gebe, betonten die
       Betreiber. Der Geschäftsführer des Betreibers Tennet, Lex Hartmann, sagte
       der FAZ, ein Dialog mit den Bürgern habe keinen Sinn, „wenn die
       Grundsatzfrage von der Politik neu aufgeworfen wird“. Der Antrag für den
       ersten Abschnitt von Suedlink, die Verbindung Wilster-Grafenrheinfeld,
       solle frühestens im April gestellt werden.
       
       EU-Kommissar Oettinger kritisierte auch die Bundesländer und warnte vor
       Egoismus bei der Energiewende. Zwar hätten die Landesregierungen einen Eid
       geschworen, die Interessen ihres Landes zu vertreten. „Aber 16 Einzelpläne
       ergeben das Gegenteil einer guten deutschen Energiewende.“
       
       6 Feb 2014
       
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