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       # taz.de -- Kommentar NSA-Überwachung: Unter Generalverdacht
       
       > Wer auf Anonymität im Netz setzt, ist der NSA offensichtlich verdächtig.
       > Betroffen ist deshalb nicht nur ein Student, sondern alle sind es.
       
   IMG Bild: Je mehr Verschlüsselungsprogramme genutzt werden, desto weniger fällt der einzelne Benutzer auf
       
       Welche Ehre für Sebastian Hahn. Der Erlanger Student ist nach Angela Merkel
       die zweite namentlich bekannte Person, der ins Visier des US-Geheimdienstes
       NSA geriet.
       
       Sebastian Hahn würde auf die Ehre wohl gerne verzichten. Journalisten
       freuen sich dagegen umso mehr. Können sie nun doch endlich die
       NSA-Überwachung visualisieren – mit einem gutwilligen Studenten, der nur
       helfen wollte, die Privatsphäre zu schützen.
       
       Tatsächlich geht es dem US-Geheimdienst NSA aber weniger um Sebastian Hahn,
       der einen Server des Anonymisierungsnetzwerks „The Onion Router“ (Tor)
       betrieb, als um die Masse der Tor-NutzerInnen. Wer auf Anonymität im
       Internet Wert legt, ist offensichtlich verdächtig. Betroffen sind damit
       letztlich also alle, die versuchen, ihre Privatsphäre zu schützen.
       
       Für Fatalismus ist es aber zu früh. Nun auf Verschlüsselung zu verzichten,
       weil man sich nicht exponieren will oder weil die NSA vielleicht schon die
       Verschlüsselung geknackt hat – das wäre die falsche Schlussfolgerung aus
       dem Skandal. Laut Chaos Computer Club sind gute Verschlüsselungsprogramme
       wie PGP aber nach wie vor sicher. Und je mehr sie genutzt werden, desto
       weniger fällt der einzelne Benutzer auf. Für Tor gilt das auch.
       
       Peinlich ist der Vorgang aber für die Bundesregierung. Weil sich die USA
       weigern, ein No-Spy-Abkommen mit Deutschland abzuschließen, empfiehlt sie,
       Mails zu verschlüsseln. Und nun wird bekannt, dass die NSA tendenziell
       alle, die ihre Privatsphäre schützen wollen, als potenziell Verdächtige
       markiert. Mal sehen, wie die düpierte Regierung in Berlin nun reagiert.
       
       Auch Generalbundesanwalt Harald Range sollte sich mit Sebastian Hahn und
       seinem Server beschäftigen. Denn dieser steht im mittelfränkischen
       Erlangen, also auf deutschem Boden. Noch ist unbekannt, wie und wo die NSA
       die Daten der NutzerInnen abfängt, doch es ist wahrscheinlich, dass dies in
       Deutschland erfolgt. Dies wäre dann aber wohl ein eindeutiger Fall von
       geheimdienstlicher Agententätigkeit. Range müsste also ein zweites
       Ermittlungsverfahren gegen unbekannte NSA-Verantwortliche einleiten.
       
       Und was ist mit dem BND? Hilft er der NSA beim Ausspähen des Tor-Servers?
       Späht er selbst in anderen Ländern Anonymisierungsdienste aus? Wir sollten
       nicht immer nur auf die NSA schauen.
       
       3 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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