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       # taz.de -- Neuauflage der EU-Ökoverordnung: 24.000 statt 3.000 Legehennen
       
       > Die Tierzahl in Ställen soll stärker begrenzt werden, verlangt
       > EU-Parlamentarier Martin Häusling. Die derzeitigen Regeln seien zu
       > flexibel.
       
   IMG Bild: So sieht konventionelle Massentierhaltung aus. Bei Bio sollte es anders sein
       
       BERLIN taz | Der wichtigste Europa-Parlamentarier für die Reform der
       EU-Öko-Verordnung, Martin Häusling, fordert neue Vorschriften gegen
       Massenställe in der Bio-Landwirtschaft. „Die Tierzahl muss wieder stärker
       an die Größe der Betriebsfläche gebunden werden, damit die Betriebe ihr
       Futter weit überwiegend selbst erzeugen können und die Exkrementmenge nicht
       zu Überdüngung führt“, sagte der grüne Abgeordnete der taz.
       
       Derzeit seien die Regeln zu flexibel. „Das hat teilweise zu fast
       konventionellen Strukturen geführt und so die ganze Szene ein Stück weit um
       ihre Glaubwürdigkeit gebracht“, so Häusling.
       
       Der Hesse koordiniert als sogenannter Berichterstatter die Entscheidung des
       Parlaments über die Reform. Bis Ende Januar will er einen Gegenentwurf zum
       Vorschlag der EU-Kommission präsentieren. Bio-Landwirtschaft gilt als
       besonders umweltschonend, zum Beispiel weil die europaweit 190.000
       Öko-Betriebe auf chemisch-synthetische Pestizide und Dünger verzichten.
       
       „Wir müssen in der neuen Verordnung auch definieren, was ein Stall ist“,
       ergänzte Häusling. Das bisherige Regelwerk erlaubt zwar maximal 3.000
       Legehennen pro Stall. Weil es diesen Begriff aber nicht definiert, bringen
       Agrarindustrielle mehrere „Ställe“ in einem Gebäude unter, so dass 24.000
       Bio-Legehennen unter einem Dach keine Seltenheit sind. Bei solchen
       Größenordnungen ist es schwieriger, die Tiere so gut wie nötig zu betreuen.
       Der aktuelle Vorschlag der EU-Kommission für die neue Öko-Verordnung geht
       auf diese Probleme nicht ein.
       
       ## Einig mit der Wirtschaft
       
       Eine Absage erteilt Häusling Forderungen des deutschen Branchenverbands
       Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), bei Bio-Elterntieren von
       Legehennen die Pflicht zu Auslauf im Grünen zu streichen. Der BÖLW
       begründet das damit, dass sich die Tiere im Freiland leichter mit
       Krankheiten infizieren könnten „Freilandhaltung ist ein Grundprinzip des
       ökologischen Landbaus“, antwortet Häusling darauf. „Wenn ich anfange,
       Ausnahmen zu machen, dann kommt die nächste Branche: Ja, aber Enten kann
       man auch ohne Wasserflächen halten und so weiter.“
       
       Einig ist sich der 53-Jährige mit der Wirtschaft aber darin, was von dem
       sehr niedrigen Pestizidlimit zu halten ist, das die EU-Kommission
       vorschlägt: „Ich bin dagegen, dass man explizit für Ökoprodukte neue
       Grenzwerte einzieht.“ Denn sonst müssten Biobauern dafür bezahlen, wenn
       Chemie von konventionellen Nachbarfeldern herüberweht – obwohl sie dafür
       nicht verantwortlich sind. „Das Verursacherprinzip muss gelten“, verlangt
       der Parlamentarier.
       
       Häusling spricht sich auch gegen den Plan der Kommission aus, Biobetrieben
       Saatgut und Jungtiere aus konventioneller Produktion nur bis 2021 zu
       erlauben. Bislang dürfen die Ökos das, wenn es nicht genug Bio-Ware gibt.
       Dieselbe Frist für alle hält der Grüne aber nicht für sinnvoll, da jeder
       Branchenteil und jedes Land unterschiedlich gut mit Öko-Saatgut und
       -Jungtieren versorgt ist. „Ich will, dass jeder Mitgliedstaat einen
       Entwicklungsplan aufstellt, wann er sein Ziel erreicht. Dann muss Lettland
       das vielleicht bis 2030 schaffen, Deutschland vielleicht bis 2025.“
       
       Viel besser müsse der Verordnungsentwurf in Sachen Kontrollen werden, sagt
       Häusling, der selbst Biobauer ist. „Es muss ein Frühwarnsystem für
       Kontaminationen und Betrug geben“, fordert er. In dem großen 2011 in
       Italien aufgedeckten Betrugsskandal, bei dem konventionelles Soja mit
       Biosiegel verkauft wurde, „waren die Behörden zu spät informiert und die
       Warnung anderer Mitgliedstaaten funktionierte nicht“.
       Zertifizierungsstellen, die in der EU und in Drittstaaten arbeiten, sollten
       ihre Zulassung ebenso zu Hause verlieren, wenn sie in Drittstaaten nicht
       korrekt kontrollieren. „Das würde diese Zertifizierungsstellen wesentlich
       stärker unter Druck setzen, wirklich ernsthaft ihrer Arbeit nachzugehen.“
       
       18 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
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