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       # taz.de -- TV-Kritik „Hart aber fair“: Was mit Gender bei Plasberg
       
       > Der Moderator ist bekannt für knallige Thesen und knallige Gäste. So
       > fragte er in der jüngsten Runde: „Deutschland im Genderwahn“? Der
       > Knaller.
       
   IMG Bild: Für manche ein Affront: die Veränderung von Ampelfiguren.
       
       Frank Plasberg wollte einen Witz machen – und moderierte seine Sendung
       „Hart aber fair“ am Montagabend in der ARD ungefähr so an: „Es gibt 190
       Professuren für Genderforschung. 180 davon sind Frauen, 10 Männer. Die
       Folge: Für 1,2 Millionen Euro sollen in Nordrhein-Westfalen die
       Studentenwerke in Studierendenwerke umbenannt werden. Wird Gender
       Mainstreaming zur Staatsräson?“
       
       Gender Mainstreaming hat es also ins Mainstream-Fernsehen geschafft. Das
       will was heißen. Denn dieses Wortungetüm ist nicht sonderlich beliebt. Aber
       wenn die Republik über Quoten, Sexismus und gleichen Lohn für gleiche
       Arbeit debattiert, kommt auch das öffentlich-rechtliche Fernsehen nicht
       drum herum und fragt: „Nieder mit den Ampelmännchen – Deutschland im
       Gleichheitswahn?“
       
       Und wer ist für sowas besser geeignet als Plasberg, der bekannt ist für
       knallige Thesen und knallige Gäste.
       
       Knalliger Gast Nummer Eins: Wolfgang Kubicki, FDP-Fraktionschef in
       Schleswig-Holstein. Er mahnt zu „mehr Gelassenheit“ bei der
       Frauenförderung. „Welche Frau wirklich gut ist, die braucht so etwas
       nicht“, findet der Vater zweier erfolgreicher Töchter.
       
       ## Vorhersehbare Diskussion
       
       Knallgast Nummer Zwei: Birgit Kelle. Die Männerversteherin und Publizistin
       („Dann mach doch die Bluse zu“) fühlt sich vom „Gendergaga“ umzingelt und
       weiß, dass Frauen und Männer von Geburt an unterschiedlich sind. Sie macht
       sich mehr Sorgen um ihre beiden Söhne als um ihre beiden Töchter. Bei all
       dem Quoten-Gedöns haben Jungs „das Nachsehen“, meint sie. Und sie findet es
       „nur fair“, dass jemand, der mehr arbeitet – Männer zum Beispiel, während
       die Frauen zu Hause bei den Kindern sind – ruhig mehr verdienen darf.
       
       Da haben Anton „Toni“ Hofreiter, Ko-Fraktionschef der Grünen im Bundestag,
       und die Bloggerin und Medienberaterin Anne Wizorek einiges zu tun. Beide
       sind als Kontras zu Kelle und Kubicki gedacht. „Typisches Machogehabe“
       kommentiert Hofreiter Kubickis Gender-Beobachtung: Kubickis Hund, ein Rüde,
       habe zum Pinkeln das Bein gehoben. Wizorek, die Plasberg konsequent
       Witschorek nennt, verteidigt Unisex-Toiletten: Die seien sowohl für Mütter
       mit Söhnen prima als auch für Väter mit Babies, weil es auf Herrenklos so
       selten Wickeltische gebe.
       
       Plasberg schiebt den Kontrahenten alles hin, was er meint, beim Gender-Wahn
       besprechen zu müssen: Ampelmännchen und Ampelfrauen, Mädchen- und
       Jungsspielzeug, Mannschaften im Frauenfußball, transparente Gehälter,
       Autowerkstätten mit weiblichem Personal in Kinderbüchern, röhrende Hirsche
       als Cover-Motive, Unterstriche in der Sprache zur Kennzeichnung dafür, dass
       mehrere Geschlechter angesprochen sind.
       
       Die Diskussion läuft nach einem vorhersehbaren Muster ab: Kelle wartet mit
       biologistischen Thesen auf und gibt die aufgeregte Weltenretterin („Ich
       will mir nicht vorschreiben lassen, wie ich zu reden habe.“) und Kubicki
       das Enfant terrible („Es heißt nun mal Brunfthirsch. Brunftkühe gibt es
       nicht.“) Wizorek und Hofreiter halten dagegen („Rosa und hellblaues
       Spielzeug ist eine Marketingstrategie.“)
       
       ## Reden über „dieses Sprachdings“
       
       Manchmal reden alle durcheinander. Hofreiter lässt schon mal den Biologen
       raushängen und wünscht sich, dass sich „Männer besser benehmen“. Wizorek
       kritisiert die hiesige Arbeitskultur und glaubt, ein Gesetz für
       transparente Gehälter helfe auch Männern. Einmal sagt Kelle, dass ihre
       Tochter als Berufswunsch Königin genannt hat. Wizorek kontert: „Klassischer
       Ausbildungsberuf.“
       
       Twitter läuft sich heiß. Eine Frau schreibt nach 40 Minuten: „Der Mann
       bittet, das ausmachen zu dürfen. Und aus! #hartaberfair.“
       
       Ach ja, fast vergessen. Dann ist da auch noch Sophia Thomalla. Die
       Schauspielerin hat sich neulich für den Playboy ausgezogen, weil sie so
       stolz auf ihre Brüste ist. Zur Debatte trägt sie Sätze bei wie „Frauen, die
       ständig gegen Männer wettern, haben noch nie ein Kompliment bekommen.“ Sie
       tätschelt Kubicki, der neben ihr sitzt, kichert und gesteht, dass sie „auf
       Typen“ wie ihn stehe.
       
       Und von „diesem Sprachdings“ – sie meint die Sache mit der Umbenennung des
       Studentenwerks in Studierendenwerks – habe sie sowieso noch nie was gehört.
       „Warum sind Sie dann hier?“, fragt Wizorek. Plasberg sagt: „Über
       Geschlechterrollen zu reden, ist hochpolitisch.“
       
       3 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schmollack
       
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