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       # taz.de -- Das Portrait: Der Vater des Halstuchmörders
       
       > ■ Francis Durbridge
       
       Francis Durbridge hat einiges angerichtet in Deutschland. Am 25. Januar
       1963 zogen Berichterstatter des SDR hinaus in die Unwirtlichkeit der Städte
       und gelangten zu erschütternden Erkenntnissen: „Es war bitterkalt am 25.
       Januar. Wie ausgestorben lagen die Großstädte. Aber mehr noch als Schnupfen
       und Grippe wütete das Fernsehfieber – durch ,Tim Frazer', ein
       kriminalistisches Wintermärchen.“ Kinos, Gaststätten, Versammlungen blieben
       ohne Publikum, denn an diesem Abend endete ein rätselvoller Fernsehkrimi.
       Und wer anderntags mitreden wollte, durfte sich die Auflösung natürlich
       keinesfalls entgehen lassen.
       
       Die massiven Geschäftsschädigungen gingen auf den britischen Autor Francis
       Durbridge zurück, dessen Name auch in Deutschland als Markenzeichen für
       Fernsehspannung galt, seit 1959 mit „Der Andere“ erstmals ein mehrteiliges
       Kriminalspiel aus seiner Urheberschaft ausgestrahlt worden war. Mit
       Durbridge feierte das noch gering geachtete Medium Triumphe. Mehrteiler wie
       „Das Halstuch“ (1962) erzielten Einschaltquoten bis zu 90 Prozent und
       bekamen den Beinamen „Straßenfeger“, weil sie alles von der Straße
       scheuchten, was auch nur irgendwie Zugang zu einem Fernsehapparat finden
       konnte.
       
       Der 1912 in Hull geborene Durbridge verstand sich perfekt auf die
       Maßanfertigung von Stoffen für die Funkmedien. Nach einem kurzen
       Zwischenspiel als Börsenmakler wandte er sich dem Schreiben zu und
       belieferte zunächst den Hörfunk, dann auch das Fernsehen mit Serienkrimis
       um Figuren wie den erfolgreichen Hobbydetektiv Paul Temple oder den in
       allerlei Agentenmachenschaften verstrickten Tim Frazer. Teils in
       Zusammenarbeit mit Koautoren, konzipierte Durbridge seine Stoffe überaus
       mediengerecht: nach dem Gesetz der Serie. Die Buchfassung erschien oft erst
       später.
       
       Es gelang ihm, seinen Namen als Gütesiegel zu etablieren – die BBC zeigte
       seine Filme zeitweilig unter dem Manteltitel „Francis Durbridge Presents“.
       Und deutsche TV-Autoren lernten einiges vom angelsächsischen Großmeister –
       ohne seine Vorarbeit wäre manches Vorzeigestück der 60er und 70er Jahre
       kaum zustande gekommen. Dieses Kapitel der Fernsehgeschichte ist nun
       geschlossen – Durbridge starb am Ostersamstag im Alter von 85 Jahren.
       Harald Keller
       
       15 Apr 1998
       
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   DIR Harald Keller
       
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