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       # taz.de -- Alle Opfer außer Mutti
       
       > MÄNNERRECHTLER Die Maskulinisten-Bewegung ist widersprüchlich und
       > schließt Allianzen mit Fundamentalisten, Abtreibungsgegnern und
       > Rechtsextremisten, so eine Studie der Ebert-Stiftung
       
       BERLIN taz | Jetzt ist sogar schon der psychologische Dienst der
       Arbeitsagentur männerfeindlich. So jedenfalls empfindet das ein Mann, der
       sich auf www.wgvdl.com unter dem Namen „unwichtig“ beschwert, dass jemand
       bei der Behörde ihn als frauenfeindlich einstuft: „Ich war beim
       psychologischen Dienst der Agentur für Arbeit, und der konnte mit mir nicht
       wirklich etwas anfangen und diagnostizierte Frauenhass.“
       
       [1][www.wgvdl.com] steht für „Wie viel ‚Gleichberechtigung‘ verträgt das
       Land?“ und ist ein Portal, das mit Sätzen wirbt wie „Wenn der Mensch zur
       MenschIn wird“ oder „Wer die menschliche Gesellschaft will, muss die
       dämliche überwinden“. Dieses Portal sowie Foren wie Genderama und
       WikiMANNia sind – salopp formuliert – Spielwiesen für jene, die sich als
       Opfer eines institutionellen Feminismus‘ und familienfeindlicher Strukturen
       sehen.
       
       User „unwichtig“ wurmt zudem der 1-Euro-Job als Straßenfeger, den ihm der
       Arbeitsvermittler „verpassen“ wollte. Das Problem für ihn ist, dass er
       „auch den durch Frauen verursachten Dreck beseitigen“ müsste.
       
       Nun kann man Autoren solcher Plattformen und ihre Sicht auf Frauen und
       Feminismus belächeln. Zumal sie zu den gedruckten Medien kaum Zugang haben.
       Vor solch laxer Haltung warnt allerdings Robert Claus. Der Ethnologe und
       Genderforscher hat im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung gerade die
       Studie „Maskulinismus. Antifeminismus zwischen vermeintlicher
       Salonfähigkeit und unverhohlenem Frauenhass“ erstellt. Dazu hat er sich in
       den einschlägigen Internetforen umgeschaut. Das Ergebnis: Diejenigen, die
       sich darin äußern, sind keineswegs ungefährlich. Die sogenannten
       Maskulinisten (Gegenentwurf zu Feministen) sind zwar „keine Bewegung, die
       es vermag, ihren Protest in großen Menschenmassen auf die Straße zu
       tragen“, schreibt Claus. Genau darin liege die Gefahr: Die Maskulinisten
       nutzten auch intensiv die Kommentarfunktionen der Leitmedien, klinkten sich
       dort in Diskussionen ein und schafften es so, diese „in die Enge zu führen
       und zu dominieren“. Menschen, die die Äußerungen der Maskulinisten absurd
       fänden, stiegen deswegen genervt aus.
       
       Die Maskulinisten, auch Männerrechtler genannt, äußern sich zu allem, was
       sie als „ungerecht“ empfinden: Frauenförderung, Quoten, Scheidungen,
       Familie, Alleinerziehende. Seit einiger Zeit arbeiten sie sich intensiv am
       Arbeitsmarkt ab. Auf der Internetseite des Vereins agens liest sich das
       etwa so: „Viele Frauen wollen keine Karriere machen. Sie wollen u. a. ihren
       eigenen Lebensentwurf leben.“ Mit diesem Argument begründet der Verein,
       dass eine Frauenquote unnütz ist. Er bestreitet die Lohnlücke zwischen
       Männern und Frauen von rund 23 Prozent mit dem Argument, dass Frauen sich
       für „typische Frauenberufe“ entscheiden würden, die „zum großen Teil
       Billiglohnjobs“ sind.
       
       Claus weist in seiner Studie nicht nur nach, dass die Männerrechtler
       „unheilige Allianzen mit christlichen Fundamentalist/-innen,
       Abtreibungsgegner/-innen, ‚Neocons‘ und Rechtsextremist/-innen“ eingehen.
       Er macht ebenso die Widersprüchlichkeit vieler Äußerungen deutlich:
       „Einerseits beklagen Maskulinisten und Maskulinistinnen weibliche Macht im
       privaten Bereich. Andererseits werden Frauenförderungen auf dem
       Arbeitsmarkt, und somit der Weg aus der Privatheit, als ungerecht
       angeprangert.“ Männer mit diesem Weltbild scheiterten „beruflich stets an
       den Strukturen“, schreibt Claus, während Nichtkarrieren von Frauen
       „individuell oder biologistisch“ begründet würden.
       
       Mit einem neuen Männerbild, das die Maskulinisten angeblich suchen, hat das
       wenig zu tun. Stattdessen werden Männer, die sich gemeinsam mit Frauen für
       Gleichberechtigung einsetzen, von den Maskulinisten als „lila Pudel“
       verunglimpft. Robert Claus ist natürlich auch einer.
       
       SIMONE SCHMOLLACK
       
       13 Aug 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.wgvdl.com
       
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   DIR SIMONE SCHMOLLACK
       
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