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       # taz.de -- Versuchte Einflussnahme: Präses macht der Presse Dampf
       
       > Nach kritischen Berichten aus der Vollversammlung startet
       > Handelskammer-Chef Melsheimer eine E-Mail-Kampagne gegen einen
       > „Abendblatt“-Journalisten.
       
   IMG Bild: Dahinter steckt nicht immer ein kühler Kopf: Hamburger Abendblatt.
       
       HAMBURG taz | Der Journalist Jens Meyer-Wellmann durfte sich dieser Tage
       über die rege Resonanz freuen, die seine Berichterstattung aus dem Plenum
       der Handelskammer fand. Leider waren die Reaktionen im Wesentlichen
       negativ. Warum, das wurde dem Hamburger Abendblatt-Redakteur klar, als er
       eine Mail las, die Kammer-Präses Fritz-Horst Melsheimer an die Mehrheit der
       Plenumsmitglieder versandt hatte. Darin forderte er dazu auf,
       Meyer-Wellmann die Meinung zu geigen.
       
       „Wie soll man das jetzt deuten?“, fragt sich Meyer-Wellmann auf Facebook.
       „Gezielte Einschüchterung von Journalisten mittels Beschwerde-Bombardement
       bei dessen Vorgesetzten? Oder ist es nur eine professionelle Mobilisierung
       einer modernen Handelskammer?“
       
       In der Vollversammlung der Handelskammer geht es rund, weil es seit der
       Plenumswahl im vergangenen Jahr erstmals eine ausgewiesene Opposition im
       „Parlament“ gibt. Mit deren öffentlicher Kritik tut sich der etablierte
       Teil der Organisation und des Plenums schwer.
       
       Das Plenum setzte eine Projektgruppe zur Satzungsmodernisierung ein, die im
       ersten Anlauf Plenarier mit dem Ausschluss bedrohte, sollten sie aus den
       Sitzungen plaudern. Diese scharfe Version wurde von der Aufsicht führenden
       Wirtschaftsbehörde kassiert. Aber auch in der Fassung, die vor einer Woche
       das Plenum beschließen sollte, war noch von Sanktionen die Rede. Sie fiel
       durch – so wie am Ende das ganze Reformpaket.
       
       Meyer-Wellmann berichtete aus der vertraulichen Sitzung und zitierte auch
       Tobias Bergmann: Der Kammer-Oppositionelle bezeichnete es als
       undemokratisch, mit Sanktionen zu drohen. Überdies prognostizierte er,
       Kammer-Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz könne nicht mehr
       anders, als sein sagenumwobenes Gehalt zu veröffentlichen.
       
       Schmidt-Trenz und Melsheimer warfen Bergmann daraufhin in einem Rundbrief
       vor, sich im Abendblatt „wissentlich falsch“ und „grob unseriös“ geäußert
       zu haben. Schmidt-Trenz habe mehrfach erklärt, dass Präsidium und Plenum
       über die Veröffentlichung seines Gehalts entscheiden sollten.
       
       Eine zweite Mail, die jedoch nicht an die Mitglieder der Oppositionsgruppe
       „Die Kammer sind wir!“ ging, forderte die Plenarier dazu auf,
       Meyer-Wellmann und dessen Chef Matthias Iken „direkt mitzuteilen“, dass
       sich Meyer-Wellmann von der „W-Gruppe“ – der Kammer-Opposition – habe
       instrumentalisieren lassen.
       
       „Es ist wichtig, dass so eine E-Mail an die Öffentlichkeit kommt“, sagt
       Bergmann. Das unterstreiche das Anliegen seiner Gruppe, die Handelskammer
       transparenter zu machen.
       
       Die Handelskammer teilte am Freitag mit, Melsheimer habe sich als
       Sitzungsleiter persönlich an die Mitglieder des Plenums gewandt. Seinem
       Eindruck nach habe die Kammeropposition die Sitzungsergebnisse verzerrt
       dargestellt. Deshalb habe er die Plenarier gebeten, dem Abendblatt ihren
       eigenen Eindruck der Sitzung zu schildern.
       
       15 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
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