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       # taz.de -- Mordfall Nisman in Argentinien: Klage gegen Kirchner abgewiesen
       
       > Staatsanwalt Nisman hatte versucht, der Präsidentin das Vertuschen des
       > Amia-Attentats von 1994 nachzuweisen. Die Klage ist jetzt endgültig
       > abgewiesen.
       
   IMG Bild: Der Tod des Sonderstaatsanwaltes Nisman ist noch immer ungeklärt. Sein Anliegen jedoch ist vom Tisch.
       
       BUENOS AIRES taz |Die Klage gegen Argentiniens Präsidentin Cristina
       Kirchner wegen der mutmaßlichen Behinderung von Terror-Ermittlungen ist
       endgültig von Tisch. Am Dienstag wies die Strafkammer des
       Kassationsgerichts in Buenos Aires als letzte Instanz die Zulassung der
       Klage ab. Bereits zuvor war diese in allen Instanzen ablehnt worden.
       
       Ermittlungen zu dem Vorwurf, Präsidentin Kirchner, ihr Außenminister
       Timerman sowie einige andere Beteiligte hätten versucht, die Aufklärung des
       Anschlags auf das jüdische Gemeindehaus AMIA in Buenos Aires 1994 zu
       verschleiern, wird es nicht geben. Bei dem Bombenanschlag waren 85 Menschen
       getötet worden.
       
       Der Vorwurf fußte auf der Anklage des toten Staatsanwalts Alberto Nisman.
       Nisman hatte wenige Tage vor seinem mysteriösen Tod Kirchner und
       Außenminister Héctor Timerman beschuldigt, die staatsanwaltschaftliche und
       polizeiliche Arbeit zu dem Anschlag zu behindern. Kirchner hat die Vorwürfe
       stets energisch bestritten. Nun ist auch in allen Instanzen juristisch
       bestätigt, dass es keinerlei strafrechtlich relevante Hinweise dafür gibt.
       
       Offen ist dagegen noch immer der Fall Nisman selbst. Der 51-Jährige war am
       18. Januar erschossen in seiner Wohnung aufgefunden worden. Noch immer ist
       ungeklärt, ob es sich um Suizid oder Mord handelte. Einen Tag später hätte
       er im Kongress Rede und Antwort zu den Vorwürfen gegen die Präsidentin
       stehen sollen. Als Sonderstaatsanwalt war Nisman seit 2004 für die
       Aufklärung des Anschlags auf das AMIA-Gebäude zuständig.
       
       ## Jahrelanger Streit um die Haftbefehle gegen fünf Iraner
       
       ## 
       
       Die argentinische Justiz macht die iranische Regierung für den damaligen
       Anschlag verantwortlich. Auch wenn dafür bisher keine stichhaltigen Beweise
       vorgelegt wurden, wurden Haftbefehle gegen fünf iranische Staatsbürger
       sowie eine Libanesen erlassen. Diese wurden von Interpol übernommen.
       
       Hartnäckig halten sich deshalb die Gerüchte, der iranische Geheimdienst
       hätte Nisman ermorden lassen, als Botschaft an die Präsidentin, endlich
       dafür zu sorgen, dass die internationalen Haftbefehle gegen die fünf Iraner
       aufgehoben werden.
       
       Nisman hatte sich in seiner Klage auf ein im Jahr 2013 von Argentinien und
       Iran unterzeichnetes Memorandum bezogen, das die Bildung einer
       Wahrheitskommission vorsieht. Deren Aufgabe sollte es sein, alle Dokumente
       im AMIA-Fall zu prüfen und die bei Interpol zur Fahndung ausgeschriebenen
       Iraner vor der Kommission in Teheran zu vernehmen.
       
       Nismans Argument, die Interpol-Haftbefehle könnten durch die Bildung dieser
       Kommission ausgehebelt werden, wurde unter anderem mit dem Argument
       zurückgewiesen, dass das Memorandum nicht in Kraft sei, da es selbst von
       Obersten Verfassungsgericht der Stadt Buenos Aires als nicht
       verfassungskonform angelehnt wurde.
       
       ## Regierungsfreundlicher Oberste Gerichtshof
       
       Fakt ist, dass die internationalen Haftbefehle bei Interpol schon einmal
       zwar nicht aufgehoben, aber in der Zeit von 2004 bis 2007 auf einseitiges
       Betreiben des Iran ausgesetzt wurden. Vor allem Nisman hatte sich dafür
       eingesetzt, dass sie wieder in Kraft gesetzt wurden.
       
       Das Memorandum liegt zwar gegenwärtig auf Eis, könnte aber vom Obersten
       Gerichtshof des Landes doch noch als verfassungskonform abgesegnet werden.
       Gegenwärtig gibt es unter den amtierenden Verfassungsrichtern keine
       regierungsfreundliche Mehrheit. An dieser arbeitet die Kirchner-Regierung
       gegenwärtig mit Hochdruck - so ordnete sie gerade einen mentalen
       Gesundheitscheck des 97-jährigen Obersten Richters Carlos Fayt an.
       Kollegen, Politiker und Journalisten sollen vor einer Kommission über
       dessen Gesundheitszustand aussagen.
       
       Sollte ein regierungsfreundliches Oberstes Gericht das Memorandum absegnen,
       eine Wahrheitskommission eingesetzt werden und deren Existenz dazu führen,
       dass Interpol die internationale Fahndung zumindest aussetzt, dann würde
       dieses Puzzle zumindest einen logischen Zusammenhang bekommen.
       
       13 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Vogt
       
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