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       # taz.de -- Konflikt in der Ukraine: Leichte Entspannung an der Front
       
       > Das Minsker Abkommen vom Februar bleibt brüchig. Auch in diesen Tagen
       > wird im Donbass im Osten des Landes geschossen.
       
   IMG Bild: Einwohner von Donezk vertrauen dem Waffenstillstand soweit, dass sie Reparaturarbeiten aufnehmen.
       
       KIEW taz | Es war ein Vorfall unter mehreren. Am vergangenen Sonntag wurde
       auf ein Beobachter-Team der OSZE von ukrainischen Truppen mit
       Maschinengewehren gefeuert, als die Gruppe 43 Kilometer nordwestlich von
       Lugansk in der Ortschaft Krymske ihre Wagen verlassen hatte, um einen
       Schusswechsel in der Nähe genauer beobachten zu können. Dabei sei die
       Gruppe, so die Mission der OSZE in ihrem Bericht vom 10. Mai, beschossen
       worden. Die Schüsse seien in einer Entfernung von nur zwei Meter an der
       Gruppe vorbeigegangen.
       
       In einem anschließenden Gespräch, so die OSZE, habe sich der
       verantwortliche Kommandeur der ukrainischen Truppen für das Fehlverhalten
       eines Soldaten entschuldigt. Dieser habe aus Versehen geschossen, da er
       nichts vom Eintreffen der OSZE gewusst habe, so der ukrainische Offizier.
       Gleichzeitig sicherte der Kommandeur dieser Einheit bei Krymske der OSZE in
       Zukunft zu, ihre Sicherheit zu gewährleisten.
       
       Auch andernorts wurde Anfang der Woche geschossen. Am Montag um 18 Uhr
       hätten „Banditen“ die Stellungen der ukrainischen Truppen mit Waffen
       beschossen. Doch die Waffen hätten laut Minsker Abkommen abgezogen sein
       sollen, wie ukrainische Militärs erklärten. Nach ukrainischen Angaben
       wurden zudem am Wochenende bei Schusswechseln fünf Personen in der
       Ostukraine verletzt.
       
       Schwerpunkt der Kämpfe seien vor allem die Ortschaft Peski bei Donezk,
       Gorlowka und Schirokino gewesen. Aber auch im Gebiet Lugansk verletzten
       nach Angaben der ukrainischen Seite die Aufständischen mehrfach den
       Waffenstillstand. Der Waffenstillstand im Gebiet Mariupol sei am Wochenende
       nur von kurzer Dauer gewesen. Auch dort hätten die Aufständischen Waffen
       eingesetzt, die gemäß dem Minsker Abkommen verboten seien, so die
       ukrainische Seite. Nur viereinhalb Stunden sei es am Wochenende völlig
       ruhig gewesen, berichtet das Pressezentrum der „Anti-Terror-Operation“.
       
       ## Keine Todesopfer
       
       In der „Volksrepublik Donezk“ wirft man hingegen Kiew vor, das
       Waffenstillstandsabkommen verletzt zu haben. 40 Mal sei das Gebiet der
       „Volksrepublik Donezk“ in den letzten Tagen beschossen worden, berichtet
       Eduard Basurin vom Verteidigungsministerium der „Volksrepublik Donezk“.
       
       Trotz dieser Vorfälle hatten beide Seiten zum ersten Mal seit Wochen keine
       Toten zu beklagen. Allerdings wächst die Anspannung wieder. Am Dienstag
       ordnete der Gouverneur des Gebiets Lugansk, Gennadij Moskal, der die
       Regierung in Kiew unterstützt, eine weitere Verschärfung der
       Wirtschaftsblockade an. Zuvor waren zwei bis an den Rand mit Bier beladene
       Lastwagen entdeckt worden, die die „Volksrepublik Lugansk“ beliefern
       sollten. Die Kämpfer dort sollen „Urin und nicht Bier trinken“, zitiert das
       ukrainische Internetportal „lb.ua“ den Gouverneur, der angesichts des
       rechtzeitig aufgedeckten Bierschmuggels entschied, die Frontlinie für jeden
       Verkehr zu sperren. Seit Dienstag dürfen nur noch Fußgänger in das Gebiet
       Lugansk.
       
       Am Montag kündigte Präsident Petro Poroschenko die Rückeroberung des
       Donezker Flughafens an. „Ich habe keine Zweifel“, hatte Poroschenko am
       Montag gegenüber ukrainischen Soldaten, die am Donezker Flughafen gekämpft
       hatten, erklärt. „Wir werden den Flughafen befreien. Denn das ist unser
       Land.“
       
       Auch im Parlament in Kiew steht die Erhöhung der Kampfbereitschaft an
       erster Stelle der Tagesordnung. Seit Montag berät es über einer
       Neugestaltung des Kriegsrechts und einen Gesetzentwurf, der den Einsatz von
       Ausländern in der ukrainischen Armee ermöglichen würde. Außerdem soll
       Soldaten an der Front der Besitz von Mobiltelefonen untersagt werden.
       
       13 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Clasen
       
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