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       # taz.de -- Bürgerkrieg im Südsudan: Gefechte bis zur Regenzeit
       
       > Neue Kämpfe schneiden Hunderttausende von humanitärer Hilfe ab. Die
       > Wirtschaftslage verschlechtert sich rasant, der Regierung geht das Geld
       > aus.
       
   IMG Bild: Flüchtlinge im Südsudan warten an einer Außenstelle des World Food Programme in Kuernyang Payam.
       
       JUBA taz | Täglich geht es den Südsudanesen schlechter. Mehr als 100.000
       Menschen sind in den letzten Tagen vor neuen Kämpfen im ölreichen Norden
       des Landes geflohen. Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz und Ärzte ohne
       Grenzen haben sich aus der Region zurückgezogen, die UNO erklärte gestern
       den kompletten Abzug all ihrer Hilfswerke aus dem Süden des umkämpften
       Bundesstaates Unity, wo 300.000 Menschen von humanitärer Hilfe abhängig
       sind.
       
       Das Wiederaufflammen [1][des Krieges, der mit Unterbrechungen seit Ende
       2013 tobt], hat vor allem meteorologische Gründe: Im Anlauf auf die nahende
       Regenzeit versuchen die Aufständischen unter dem ehemaligen Vizepräsidenten
       Riek Machar und die Regierungsarmee von Präsident Salva Kiir verstärkt,
       sich gegenseitig die besten Positionen streitig zu machen.
       
       [2][Wenn es einmal regnet, sind Militäreinsätze kaum noch möglich], weil es
       kaum Straßen gibt und Panzer im Matsch steckenbleiben. Aber Kämpfe jetzt
       verhindern, dass die Bauern vor dem Einsetzen des Regens ihre Aussaat
       tätigen – die nächste Hungersnot ist so nur eine Frage der Zeit.
       
       Der Krieg ist nicht nur an den Fronten spürbar, sondern auch in den
       südlichen Landesteilen, wo kaum gekämpft wird. „Nahrung ist schrecklich
       teuer geworden“, beschwert sich Linda Samson, eine Sozialarbeiterin, auf
       einem Markt der Hauptstadt Juba. „Drei Brötchen kosteten vor ein paar
       Monaten ein Pfund. Jetzt bekomme ich dafür nur zwei und sie sind viel
       kleiner.“ Linda Samson geht es noch vergleichsweise gut: Sie hat ein festes
       Einkommen, anders als die meisten Südsudanesen. Denen droht der rapide
       Absturz ins Elend.
       
       ## Der Kampf ums Öl
       
       „Es droht eine Katastrophe“, sagt Luka Biong, Leiter des Instituts für
       Friedens- und Entwicklungsstudien an der Universität von Juba. „Wenn nicht
       schnell etwas getan wird, rutschen drei Viertel der 12 Millionen
       Südsudanesen unter die Armutsgrenze. Die einzige Rettung ist Frieden.
       Selbst ein schlechter Frieden ist besser als gar keiner.“
       
       Wirtschaftlich steht die Regierung mit dem Rücken zur Wand. Der Krieg tobt
       vor allem in den Regionen, wo sich die Ölfelder befinden, von denen
       Südsudan wirtschaftlich abhängt. Die Ölförderung hat sich bereits auf rund
       160.000 Barrel täglich halbiert, dazu kommt der weltweite Preisverfall der
       letzten Monate und das Ende der ausländischen Entwicklungshilfe für die
       Regierung seit Beginn der Kämpfe – aus dem Ausland kommt nur noch
       humanitäre Hilfe für die Opfer des Konflikts.
       
       Um das Defizit auszugleichen, hat die Regierung begonnen, Geld zu drucken.
       Das treibt die Inflation. Zu Jahresanfang war ein US-Dollar drei
       südsudanesische Pfund wert, heute sind es zehn. Aber Nahrung wird fast
       ausschließlich gegen US-Dollar importiert, und so ist alles viel teurer
       geworden, während Gehälter nicht erhöht wurden.
       
       Offiziell geht 40 Prozent des Staatshaushalts ans Verteidigungsministerium;
       Experten vermuten, es ist viel mehr. Sicher ist, dass 80 Prozent der
       Staatseinnahmen in Gehälter von Regierungsbeamten und Militärs fließen.
       „Die Verwaltung ist enorm angeschwollen“, sagt Professor Biong. „Es gibt
       alle möglichen unnötigen Arbeitsplätze, die geschaffen wurden, um Verwandte
       und Freunde zu einem Einkommen zu verhelfen.“ Wenig bleibt für Gesundheit,
       Bildung und Entwicklung. Und viele Soldaten verhalten sich undiszipliniert.
       „Was passiert, wenn die Regierung bald kein Geld mehr hat, um die Soldaten
       zu bezahlen?“, fragt Sozialarbeiterin Samson.
       
       12 May 2015
       
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