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       # taz.de -- Protest gegen Bauprojekt in Berlin: Pankow brüskiert Bausenator
       
       > Wieder Streit um ein Neubauprojekt: Der Senat will im Norden des Bezirks
       > 5.000 Wohnungen errichten. Doch das Bezirksparlament lehnt den Plan ab.
       > Es fehle ein Konzept.
       
   IMG Bild: Wo Menschen solche Helme tragen, wächst kein Gras mehr.
       
       In Berlin steigt der Bedarf nach bezahlbaren Wohnungen. Doch auch mit
       seinem jüngsten, groß angelegten Wohnungsbauvorhaben stößt der Senat auf
       Widerstand: Am Dienstag stimmte das Pankower Bezirksparlament mit
       überwältigender Mehrheit gegen das Vorhaben, auf einem landeseigenen Acker
       im Norden von Pankow rund 5.000 Wohnungen mit Platz für 10.000 Menschen zu
       errichten. Alle Fraktionen außer der SPD sprachen sich gegen die
       Unterzeichnung einer Vereinbarung mit den Wohnungsbaugesellschaften Gesobau
       und Howoge für das Projekt in der Elisabeth-Aue aus. Keine Fremdkörper auf
       der grünen Wiese, so die Begründung.
       
       Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel scheint es jetzt in Pankow so zu
       gehen wie seinem Amtsvorgänger Michael Müller (beide SPD), der voriges Jahr
       mit dem Plan scheiterte, das Tempelhofer Feld zum Neubaugebiet zu machen.
       Tilmann Heuser, Geschäftsführer des BUND und Koordinator der
       Bürgerbeteiligung auf dem Tempelhofer Feld, äußerte Verständnis für die
       Ablehnung des geplanten Neubauviertels: „Stadtentwicklung funktioniert
       nicht so, dass man eine Fläche nimmt und sagt, da kommen jetzt 5.000
       Wohnungen drauf.“ Wer für viele Menschen bauen will, betonte Heuser,
       brauche vorher ein Konzept und eine Idee, welcher Siedlungstyp entstehen
       soll. Zudem müsse klar sein, welche Konsequenzen die Bebauung für den
       Verkehr, die Umwelt, das Sozialgefüge der Umgebung habe. Der Senat, der
       sich zuvor jahrelang nicht um die Schaffung von Wohnraum gekümmert habe,
       versucht laut dem BUND-Chef nun, mit einem Schlag möglichst viel zu bauen.
       Doch eine rein quantitative Orientierung schaffe keine lebendigen
       Wohnviertel.
       
       Die Stadtentwicklungsverwaltung will trotz der Pankower Schlappe an ihren
       Plänen festhalten. „Berlin ist eine wachsende Stadt, die dringend neue
       Wohnungen braucht“, sagte Geisels Sprecher Martin Pallgen am Freitag der
       taz. Nur auf landeseigenen Grundstücken habe der Senat einen direkten
       Einfluss auf die Mietpreisgestaltung. Man werde deshalb jetzt einen
       Senatsbeschluss vorbereiten, der die 73 Hektar große Elisabeth-Aue zu einem
       Gebiet von besonderer stadtpolitischer Bedeutung erklärt. Ein Instrument,
       das dem Senat die alleinige Planungshoheit gibt. An den Beschluss des
       Bezirksparlaments ist er ohnehin nicht gebunden.
       
       Auch Jens-Holger Kirchner, grüner Baustadtrat von Pankow, äußerte
       Verständnis für das Abstimmungsverhalten seiner Fraktion. Dieses sei nur
       konsequent – schließlich stehe im Parteiprogramm, dass die Aue, die
       zwischen dem Botanischen Volkspark im Westen und dem Stadtteil Französisch
       Buchholz im Osten liegt, aus stadtklimatischen Gründen nicht bebaut werden
       solle. Andererseits habe sich die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) jetzt
       jede Möglichkeit genommen, an der Gestaltung des Neubauvorhabens
       mitzuwirken. „Wer Nein sagt, überlässt das Feld den Zahlenmachern“, so
       Kirchner.
       
       Zwar hält auch er die Senatspläne für verfehlt. Statt immer neue
       Großprojekte zu starten, solle man bestehende Bebauung verdichten. Die
       Fehler der sich nur langsam belebenden Neubaugebiete in Karow-Nord und
       Französisch Buchholz hätten zudem gezeigt, dass man auf Qualität statt auf
       Quantität setzen müsse: „Wir brauchen ein attraktives Quartier und nicht
       noch eine Schlafstadt.“ Als Baustadtrat sieht sich der Grüne indes in der
       Pflicht, an den Senatsplänen mitzuarbeiten. Auf diese Kooperation hofft
       auch Stadtentwicklungssprecher Pallgen: „Wir gehen davon aus, dass Pankow
       trotz des Beschlusses konstruktiv mit uns zusammenarbeitet.“
       
       8 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nina Apin
       
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