# taz.de -- NSA-Ausschuss im Bundestag: Der BND zieht die Notbremse
> Vier BND-Mitarbeiter sollten am Donnerstag Licht in die Spähaffäre
> bringen. Der Geheimdienst hat die Kooperation mit der NSA eingeschränkt.
IMG Bild: Anonym und mühsam: Der NSA-Untersuchungsausschuss bemüht sich um Aufklärung.
BERLIN taz | Herr U. kann sich nicht erinnern. Ein „Routinevorgang“ sei das
im August 2013 gewesen, sagt der BND-Dienststellenleiter aus Bad Aibling,
der seinen vollen Namen auch den Abgeordneten nicht nennt. 12.000
E-Mail-Adressen zu europäischen Institutionen hat der BND da entdeckt.
12.000 Selektoren, zu denen die NSA Überwachungsergebnisse des deutsches
Dienstes anforderte.
Er habe die Selektoren aussortieren lassen, sagt U. vor dem
NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags. „Damit war die Sache erledigt.“
Man habe damals anderes zu tun gehabt, sei „massiv überlastet“ gewesen.
Die Selektoren sind allerdings Kern der jüngsten BND-Affäre. Der
Geheimdienst soll die US-Kollegen der NSA bei Spionage gegen europäische
Firmen und Politiker unterstützt haben. Tausende fragwürdige Selektoren
soll der BND von den Amerikanern übernommen haben.
Herr U. war einer von vier BND-Mitarbeitern, die am Donnerstag die Vorwürfe
aufhellen sollten. Er übte sich im Beschwichtigen: Selektoren, die gegen
deutsche Interessen verstießen, habe man aussortiert. Ohnehin erfasse der
BND nur Krisenregionen, nicht Europa. Hakten die Abgeordneten nach,
intervenierte sofort ein Abgesandter des Kanzleramts: Dazu werde sich nur
in geheimer Sitzung geäußert. Die Linken-Obfrau Martina Renner beschwerte
sich: „Jede relevante Frage wird abgewiesen.“
Die Aufarbeitung der Affäre bleibt damit mühsam. Zumal die Liste der
Selektoren weiter unter Verschluss im Kanzleramt liegt – trotz Drucks von
SPD, Grünen und Linke. Erst müsse die US-Seite die Weitergabe genehmigen,
wiederholt Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Eine Antwort wird kommende Woche
erwartet.
## Das Misstrauen bleibt
In der Praxis zog der BND schon Konsequenzen und soll seit Wochenbeginn nur
noch wenige Selektoren-Funde an die NSA liefern. Verlangt werde für jeden
Suchbegriff nun eine konkrete Begründung. Dafür hätten sich die Amerikaner
Zeit erbeten. Für Konstantin von Notz, Grünen-Obmann im NSA-Ausschuss ist
das Vorgehen eine „Notbremse, die gezogen wird“. Sie beweise die „massiven
Übergriffigkeiten“ der NSA.
Das Misstrauen gegen den BND aber bleibt. So soll dessen Chef Gerhard
Schindler dem Geheimdienst-Kontrollgremium des Bundestags gestanden haben,
dass sein Dienst die jahrelange Kooperation mit der NSA nicht mehr
vollständig dokumentieren könne.
Das Kontrollgremium kündigte an, kurzfristig die BND-Hauptstellen in
Pullach und Bad Aibling zu besuchen. Dort wolle man schauen, wie vor Ort
tatsächlich mit den Selektoren gearbeitet werde.
7 May 2015
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DIR Konrad Litschko
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