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       # taz.de -- Abhöraffäre in Mazedonien: Zusammenstöße auf Demo in Skopje
       
       > Tausende fordern den Rücktritt der Regierung. Die hat einen Abhörskandal
       > am Hals. Für die Vorgänge hat sie eine andere Erklärung.
       
   IMG Bild: Hands up: Protestierende vor dem Parlament in Skopje.
       
       SPLIT taz | In Brüssel will man den mazedonischen Premierminister Nikola
       Gruevski gar nicht mehr empfangen. Die Organisation für Sicherheit und
       Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zeigte sich am Donnerstag wegen der
       zunehmenden Gewalt in Mazedonien besorgt.
       
       Europa und die internationale Gemeinschaft schauen mit Bestürzung auf das
       Land, das noch vor zehn Jahren als Hoffnungsträger für politische und
       wirtschaftliche Reformen auf dem Balkan galt, jetzt aber zu einem
       Sorgenkind geworden ist.
       
       Seit Monaten reißen die Demonstrationen und die darauf folgenden
       Repressionsmaßnahmen des Staates nicht ab. Erst am Dienstag kam es in der
       Hauptstadt Skopje wieder zu militanten Zusammenstößen zwischen der Polizei
       und Tausenden Demonstranten. Zuvor hatte der sozialdemokratische
       Oppositionsführer Zoran Zaev der konservativen Regierung von
       Ministerpräsident Gruevski vorgeworfen, im Jahr 2011 die Tötung eines
       22-Jährigen durch die Polizei vertuscht zu haben.
       
       „Mörder, Mörder“, rief die aufgebrachte Menge und forderte den Rücktritt
       der Regierung. Nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP seien mindestens 19
       Menschen, darunter 15 Polizisten und ein Fotograf, verletzt worden.
       
       ## Abhörskandal und Manipulationen
       
       Der Opposition wurden aus Geheimdienstkreisen Mitschnitte von
       Abhörprotokollen zugespielt, die sie nach und nach veröffentlicht. Mehr als
       hundert mazedonische Journalisten und mehr als 20.000 Bürger seien in den
       vergangenen Jahren abgehört worden, erklärte Zoran Zaev, Chef der
       sozialdemokratischen Partei (SDSM). Diese Vorgänge zeigten die Verbindungen
       zwischen dem Ministerpräsidenten, der Geheimpolizei und den Medien als Teil
       eines Systems, das der Ministerpräsidenten mit Vertrauten und Verwandten
       aufgebaut habe.
       
       Aus einem anderen Protokoll geht hervor, wie Gruevski mit einem
       Parteiführer der Hauptstadt Skopje sich darüber austauscht, dass man nicht
       rechtzeitig die Wahlen in der Hauptstadt, die verloren gegangen waren,
       manipuliert habe.
       
       ## Schuldzuweisung an „ausländischen Geheimdienst“
       
       Laut einem weiteren Protokoll koordinierten Geheimdienstchef Mijalkov und
       der Chefredakteur des größten Fernsehsenders die Berichterstattung über die
       Verhaftung des Oppositionspolitikers und ehemaligen Innenministers Ljube
       Boskovski. Außerdem habe Gruevski 20 Millionen Euro an Bestechungsgeldern
       von einem chinesischen Unternehmen erhalten, erklärt die Opposition.
       
       Die Regierung hat die Existenz und die Echtheit der Mitschnitte nicht
       bestritten. Sie zieht sich aber auf eine Verschwörungstheorie zurück. Die
       Abhöraktion sei von einem nicht identifizierten „ausländischen
       Geheimdienst“ angeordnet worden, sagte Gruevski.
       
       7 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erich Rathfelder
       
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