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       # taz.de -- Demonstrant in Hamburg verletzt: Pferdehufe im Einsatz
       
       > Am 1. Mai wurde in Hamburg ein Mann von einem Polizeipferd ins Gesicht
       > getreten. Die Staatsanwaltschaft prüft ein Ermittlungsverfahren.
       
   IMG Bild: Polizisten im Sattel haben von da oben einen prima Überblick: Für die Demonstranten da unten ist das aber nicht immer gut.
       
       HAMBURG taz | Schusswaffe, Knüppel und Pfefferspray waren nicht die
       Übeltäter, sondern ein Pferdehuf: Nachdem am Rande der Revolutionären
       Demonstration in Hamburg am 1. Mai ein Mann von einem Polizeipferd im
       Gesicht verletzt wurde, steht die Reiterstaffel in der Kritik. „Eine
       Strafanzeige liegt nicht vor“, sagte Polizeisprecher Andreas Schöpflin.
       Aber die Staatsanwaltschaft prüfe von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren
       gegen die berittene Polizistin – wegen Körperverletzung im Amt.
       
       Es passierte kurz nachdem die Polizei damit begonnen hatte, die
       Demonstration im Hamburger Karolinenviertel mit Wasserwerfern und
       Polizeipferden zu räumen. Das spätere Opfer saß hinter geparkten Autos auf
       einem Fahrradbügel und schaute dem Treiben auf der Straße zu. Da scheute
       eins der Polizeipferde vor der auseinander eilenden Menge.
       
       Die Polizistin im Sattel verlor die Kontrolle über ihr Pferd, das Tier lief
       an dem Mann am Straßenrand vorbei, trat nach hinten aus und traf ihn im
       Gesicht. Die Polizistin hatte Probleme, ihr Pferd wieder in den Griff zu
       bekommen. Der getretene Mann wurde von Sanitätern versorgt und dann mit
       einem Rettungswagen weggebracht. Das alles ist gut zu sehen [1][in einem
       Beitrag, den „Spiegel TV“] am Sonntag ausstrahlte.
       
       Unter Juristen werden solche Vorgänge gern als Reitunfall bagatellisiert,
       obwohl das Pferd eigentlich nur seinem natürlichen Fluchtinstinkt folgt und
       der sich bewegenden Menschenmenge ausweicht. Genau dieser Reflex, vor einer
       unübersichtlichen Situation zu fliehen, wird den Tieren in der monatelangen
       Polizeipferde-Ausbildung abtrainiert. Passiert es im Einsatz doch, ist es
       eben ein Unfall.
       
       In diesem Fall am 1. Mai hätte jedoch die Reiterin frühzeitig erkennen
       können, dass ihr Pferd an diesem Tag für so einen Einsatz nicht geeignet
       war. Denn schon zehn Minuten vor dem Tritt ins Gesicht, als die
       Pferdestaffel am Anfang der Demonstration eine Sperre bildete, scheute der
       Schimmel nach einem Böllerwurf, drehte sich um die eigene Achse und brachte
       die ganze Formation der Pferdestaffel und durcheinander. Auch das ist auf
       dem Video gut zu sehen.
       
       Dieser Vorfall scheint nun die Debatte über Sinn und Unsinn der 2010 wieder
       eingeführten Hamburger Reiterstaffel neu zu beflügeln. Damals hatten sich
       der amtierende Polizeipräsident Werner Jantosch und CDU-Innensenator
       Christoph Ahlhaus für den Aufbau der Reiterstaffel stark gemacht. Jantosch
       erinnerte sich an einen Besuch in New York, als auf dem Broadway vor einem
       Theater Krawalle drohten, berichtete er damals.
       
       Dort seien dann die Reiter des „New York City Police Department“ angeritten
       gekommen und hätten durch ihre ruhige Art Krawalle verhindern können.
       „Pferde sind gut sichtbar, vermitteln Präsenz und wirken deeskalierend“,
       sagte Jantosch damals. Die Einsatzgebiete könnten Hamburger Parks oder der
       Elbstrand sein – Regionen, die mit dem Auto schwer zu erreichen seien,
       sagte er.
       
       Die Reiterstaffel wird aber gern bei Demonstrationen in der Stadt
       eingesetzt und dazu seien Pferde, wie Kritiker immer wieder betonen, nicht
       geeignet. Das zeigte sich zuletzt auch bei den Protesten gegen einen
       Neonazi-Aufmarsch am 2. Juni 2012 in Hamburg-Wandsbek. Da ritt die
       Reiterstaffel in eine Blockade hinein und mehrere Personen wurden dabei
       durch Pferde verletzt.
       
       „Der gesamte Komplex wird nun Thema im Innenausschuss sein“, sagte jetzt
       die innenpolitische Sprecherin der mitregierenden Grünen, Antje Möller.
       Auch Christiane Schneider von der Linken, forderte nun endlich Konsequenzen
       aus den Vorfällen zu ziehen. „Pferde sind Fluchttiere und in einer solchen
       Situation nicht beherrschbar“, sagte Schneider. „Sie werden werden damit
       zur gefährlichen Waffe und für das Tier ist es Quälerei.“
       
       6 May 2015
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.spiegel.de/video/spiegel-tv-1-mai-in-hamburg-video-1574712.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kai von Appen
       
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