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       # taz.de -- Kommentar Kita-Streik: Wer bezahlt die Bildungsrepublik?
       
       > Die Bundesregierung muss der Bildung finanziell die Bedeutung beimessen,
       > die sie ihr rhetorisch verleiht. Mit ein paar Millionen ist es da nicht
       > getan.
       
   IMG Bild: Bildung ist eine nationale Aufgabe, also muss sie national finanziert werden.
       
       Es ist noch gar nicht so lange her, da mussten Eltern in den alten
       Bundesländern unterschreiben, dass „die Sauberkeitserziehung des Kindes mit
       Eintritt in die Kita abgeschlossen ist“. Und die meisten Mütter holten ihr
       Kind um 12 Uhr zum Mittagessen ab. Das ist passé. Die Kitas sind keine Orte
       der Vormittagsbespaßung mehr, sondern vollwertige Bildungseinrichtungen und
       ganztags geöffnet. Erst recht seit Inkrafttreten des
       Kinderförderungsgesetzes vor sieben Jahren und dem Anspruch auf einen
       Kitaplatz ab dem ersten Geburtstag.
       
       Im Vorschulbereich hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden. Doch die
       Finanzierung der Kitas funktioniert noch nach dem gleichen Schema wie vor
       25 Jahren – die Hauptverantwortung tragen die Kommunen. Und sind damit
       völlig überfordert. Der Arbeitskampf, den ErzieherInnen und Kommunen
       derzeit ausfechten, läuft deshalb auf eine Lose-lose-Situation hinaus.
       
       Denn sollten sich die ErzieherInnen und SozialpädagogInnen mit ihren
       Gehaltsforderungen durchsetzen, kämen auf die ohnehin überschuldeten
       Kommunen Mehrausgaben von einer halben Milliarde Euro pro Jahr zu. Für mehr
       ErzieherInnen und SozialarbeiterInnen, die die Kollegen, die derzeit am
       Limit arbeiten, entlasten, wäre dann erst recht kein Geld mehr da.
       
       Kurz: Steigende Einkommen müssten die ErzieherInnen mit steigender
       Belastung bezahlen. Das kann weder im Interesse der Streikenden sein noch
       im Interesse der Eltern, die noch volles Verständnis für den Streik haben.
       Und erst recht nicht im Interesse der Kinder.
       
       Die Forderungen der ErzieherInnen und SozialpädagogInnen richten sich daher
       auch an die Bundesregierung. Sie muss Bildung finanziell die Bedeutung
       beimessen, die sie ihr rhetorisch verleiht. Es reicht nicht, die
       Bildungsrepublik zu proklamieren und die Länder und Kommunen dann vor sich
       hinwursteln zu lassen. Der Bund muss sich dauerhaft und substanziell
       einbringen – in Kitas und in Schulen. Wie es im Koalitionsvertrag richtig
       heißt, verbessern Kitas und Ganztagsschulen den Bildungserfolg von Kindern
       und leisten einen Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit.
       
       Mit ein paar Millionen ist es da nicht getan. Bildung ist eine nationale
       Aufgabe, sie muss national finanziert werden. Es war richtig, dass
       Schwarz-Rot 2008 den Ausbau der Kindertagesbetreuung beschlossen hatte.
       Jetzt möchte man der Koalition das Gleiche zurufen wie seinen Kindern:
       Bringt zu Ende, was ihr begonnen habt!
       
       6 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Lehmann
       
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