# taz.de -- Kommentar Contra Bahnstreik: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit
> Der GDL geht es nicht um höhere Löhne für die Lokführer, sondern um die
> Ausdehnung ihrer Macht. Die Folgen des Ausstands sind nicht angemessen.
IMG Bild: GDL-Chef Weselskys Ziel: Dank der Streikmacht der Lokführer mehr für diese Berufsgruppen herausholen, damit viele zur GDL wechseln.
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – das ist ein Leitwert, der Gewerkschaften
seit Jahrzehnten beflügelt. Diesen Grundwert missachtet der Chef der
Lokführer-Gewerkschaft GDL, Claus Weselsky, ganz bewusst. Er möchte für
alle bei ihm organisierten Beschäftigten – also etwa auch Schaffner,
Kellner oder Rangierer – eigenständige Tarifverträge aushandeln. Und zwar
unabhängig davon, was die Kollegen, die bei der DGB-Konkurrenzgewerkschaft
EVG organisiert sind, für die gleiche Arbeit bekommen.
Weselskys Ziel: Dank der Streikmacht der Lokführer mehr für diese
Berufsgruppen herausholen, damit viele zur GDL wechseln und so seine
Organisation stärken. Deshalb lehnt er Tarifabsprachen, wie sie in anderen
Branchen üblich sind, mit der EVG ab. Der GDL geht es nicht um höhere Löhne
für Lokführer und andere, sondern um die Ausdehnung ihrer Macht. Dafür
Millionen Menschen tagelang einzuschränken – das ist nicht angemessen. Und
es ist unfair den Bahn-Beschäftigten gegenüber, die Weselsky links liegen
lässt: Gleisbauer, Reinigungskräfte, Lokschlosser, Verwaltungsfachleute. Je
mehr die GDL für ihre Klientel herausholt, umso weniger bleibt den anderen
vom großen Kuchen – es sei denn, die Bahn erhöht die Fahrpreise.
Ärgerlich ist, dass der Deutsche Beamtenbund, dem die GDL angehört,
Weselskys Kurs nach wie vor unterstützt. Wollen die Beamtenfunktionäre, die
Weselsky mit einem Wort stoppen könnten, ein ganzes Land zum Stillstand
bringen, um der DGB-Konkurrenz ein paar tausend Mitglieder abzuwerben? Oder
ist es Rache im Voraus, weil das Tarifeinheitsgesetz kommt?
Sicher, die EVG hat sich häufig nicht mit Ruhm bekleckert. Aber zu glauben,
dass die Vertretung von Arbeitnehmern künftig leichter wird, wenn sich eine
Spartengewerkschaft auf DGB-Kosten stärkt – das ist naiv. Es waren die
großen DGB-Gewerkschaften wie IG Metall, IG Chemie und ÖTV/Verdi, die in
diesem Land für halbwegs anständige Löhne und gesellschaftlichen
Fortschritt sorgten: vom arbeitsfreien Samstag über die 35-Stunden-Woche
bis hin zur Altersteilzeit. Nicht Streik und Krawall sind entscheidend,
sondern was am Ende herauskommt. Wem das nicht kämpferisch genug ist, der
sollte den Lebensstandard eines Durchschnittsarbeitnehmers in Deutschland
mit dem in streikfreudigeren Ländern vergleichen – etwa Frankreich, Belgien
oder Italien.
5 May 2015
## AUTOREN
DIR Richard Rother
## TAGS
DIR Lokführer
DIR Verkehr
DIR GDL
DIR Schwerpunkt Bahnstreik
DIR Bahn
DIR Bahn
DIR Streik
DIR Bahn
DIR Streik
DIR Schwerpunkt Bahnstreik
DIR Streikrecht
DIR Lokführer
DIR Deutsche Bahn
DIR Streitfrage
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Einigung zwischen Bahn und GDL: 5,1 Prozent mehr Lohn
Nach einem Jahr Streit: Bahn und GDL haben sich auf einen
450-Seiten-Tarifvertrag samt Lohnerhöhungen einigen können.
DIR Bahn-Tarifkonflikt beendet: Schöner Bahnfahren in den Ferien
Streiks der Lokomotivführer in der Urlaubszeit sind abgewendet. Den
Schlichtern gelang nach fünf Wochen die Einigung in dem Tarifkonflikt.
DIR Tarifkonflikt bei der Bahn: EVG droht mit Streik
Die Bahngewerkschaft EVG macht Druck für einen Tarifabschluss. Gibt es bis
Mittwoch keine Einigung, bleibe nur noch der Arbeitskampf.
DIR Ende des Bahnstreiks: Vorerst kein neuer Ausstand geplant
GDL-Chef Weselsky zeigt sich erfreut über das Resultat des Streiks. Ein
neuer sei aber nicht in Sicht. Reisende müssen zunächst dennoch weiter mit
Verzögerungen rechnen.
DIR Umfrage zum Streik der Lokführer: Den Reisenden reicht's
Bis Sonntag dauert der Streik der GDL noch an, Verständnis hat laut einer
Umfrage kaum noch jemand dafür. Und auch aus der Politik kommt immer mehr
Kritik.
DIR Tarifkonflikt mit der Bahn: Lokführer streiken weiter
Die Gewerkschaft hat den Vorschlag der Bahn erneut abgelehnt. Das erklärte
ihr Chef Claus Wesselsky. Die Streiks werden damit fortgesetzt.
DIR Bahnstreik der GDL: Der Ruf nach der Zwangsschlichtung
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt fordert Einschränkungen beim
Streikrecht. Nicht nur die Opposition widerspricht ihm.
DIR Kommentar Pro Bahnstreik: Die GDL streikt nicht nur für sich
Ein Großteil der grün-affinen Mittelschicht will gesellschaftlichen Wandel
ohne Wohlstandseinbuße. Der Lokführerstreik zeigt: Das geht nicht.
DIR Besuch im Streiklokal der GDL: Weselsky hat doch noch Freunde
Im Streiklokal der Lokführer sind die Mitglieder erleichtert über den
langen Ausstand. Endlich werde einmal „Kante gezeigt“.
DIR Die Streitfrage: Gibt es gute und schlechte Streiks?
Die Lokführer streiken schon wieder und nerven, für Kitastreiks hingegen
haben wir Verständnis. Müssen wir aber nicht jeden Streik gut finden?