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       # taz.de -- Schuldenkrise in Griechenland: Neue Gespräche mit den Geldgebern
       
       > Der IWF wolle keinen Schuldenschnitt, sagt Finanzminister Schäuble.
       > Derweil könnten die Notfallkredite für Griechenland aufgestockt werden.
       
   IMG Bild: Auf dem Weg zu EU-Währungskommissar Moscovici: Der griechische Finanzminister Varoufakis.
       
       ATHEN/BERLIN/BRÜSSEL dpa | Athen hat angesichts drückender Geldprobleme
       eine neue Krisenreise-Runde bei den Geldgebern gestartet. Finanzminister
       Gianis Varoufakis traf am Dienstag in Paris seinen französischen Kollegen
       Michel Sapin. Anschließend war ein Treffen mit EU-Währungskommissar Pierre
       Moscovici in Brüssel geplant. Regierungschef Alexis Tsipras entsandte
       vertraute Minister auch nach Frankfurt, um EZB-Chef Mario Draghi zu
       weiteren Geldflüssen zu bewegen.
       
       In Berlin dämpfte Finanzminister Wolfgang Schäuble die Erwartungen, dass in
       den Verhandlungen der Geldgeber mit Athen über ein Reformpaket und weitere
       Finanzhilfen beim nächsten Treffen der Euro-Gruppe am kommenden Montag eine
       Einigung gelingen werde.
       
       „Ich bin im Augenblick ... einigermaßen skeptisch, ob dies bis Montag zu
       schaffen sein wird, aber ich schließe es nicht aus“, sagte Schäuble vor der
       Auslandspresse. Zugleich wies er Medieninformationen zurück, wonach der
       Internationale Währungsfonds (IWF) auf einen weiteren Schuldenschnitt für
       Griechenland pocht. „Der IWF hat eine solche Äußerung natürlich nicht
       getan“, sagte Schäuble.
       
       Der Financial Times zufolge drängt der IWF die Euro-Länder, Griechenland
       einen Teil seiner Schulden zu erlassen. Sonst könne der IWF keine weiteren
       Hilfen mehr überweisen. Davor habe IWF-Europadirektor Poul Thomson die
       Euro-Finanzminister beim Treffen Ende April in Riga gewarnt.
       
       ## Zurückhaltung in Brüssel
       
       Der IWF und die Euro-Partner haben 7,2 Milliarden Euro wegen fehlender
       Reformzusagen Athens auf Eis gelegt. Nach Angaben Schäubles ist die
       Atmosphäre in den Verhandlungen aber konstruktiver geworden. Die Liquidität
       Griechenlands sei wohl geringer geworden. Er habe aber keine Zahlen, sagte
       Schäuble. Die EU-Kommission erwartet wegen der verschärften Krise in
       Griechenland für das Euroland in diesem Jahr nur noch ein
       Wirtschaftswachstum von 0,5, Prozent.
       
       Vorsichtig zeigte sich Moscovici in Brüssel im Tauziehen um neue
       Hilfsmilliarden für Griechenland. Aus seinen Äußerungen am Dienstag lässt
       sich schließen, dass auch Moscovici bei den Verhandlungen zwischen
       Geldgebern und der Athener Regierung keinen raschen Durchbruch erwartet.
       „Ich hoffe, dass wir bis zum 11. Mai gute Fortschritte machen können“,
       sagte er lediglich.
       
       Athen braucht dringend Geld, um seinen Verpflichtungen nachzukommen und
       pocht auf rasche Auszahlungen der Geldgeber. Diese wollen jedoch zuvor eine
       Vereinbarung über ein [1][umfassendes Reformpaket in Griechenland]
       durchsetzen.
       
       Am Dienstagnachmittag soll es zu einem Treffen zwischen dem Chef der
       Europäischen Zentralbank (EZB) Draghi und dem griechischen
       Vizeregierungschef Giannis Dragasakis sowie dem Koordinator der
       Verhandlungen Griechenlands mit den Geldgebern, dem stellvertretenden
       Außenminister Eukleides Tsakalotos, in Frankfurt kommen.
       
       ## Zukunft der Notkredite
       
       Im Mittelpunkt dieser Gespräche werde die für Mittwoch anstehende
       Entscheidung der EZB über eine möglichen Aufstockung der Notkredite für
       Griechenland stehen, hieß es aus Athen. Diese sogenannten Ela-Kredite
       („Emergency Liquidity Assistance“) sind die derzeit letzte Geldquelle für
       Banken im pleitebedrohten Griechenland.
       
       Zuletzt hatte EZB-Präsident Mario Draghi eine mögliche Eindämmung der
       Notkredite angedeutet, sollten die Verhandlungen im Schuldenstreit mit den
       Griechen weiterhin keine Fortschritte zeigen.
       
       Eine repräsentative Umfrage der Universität Thessaloniki zeigt, dass 66,5
       Prozent der Griechen für den Verbleib des Landes im Euroland sind. 55,5
       Prozent der Befragten wären sogar für den Verbleib in der Eurozone, auch,
       wenn es dafür neue Sparmaßnahmen geben müsste. 35 Prozent sprachen sich in
       diesem Fall für eine Rückkehr zur alten Währung, der Drachme, aus. Die
       Umfrage wurde am Dienstag in der konservativen Athener Traditionszeitung
       Kathimerini veröffentlicht. Moscovici bekräftigte in Brüssel die Linie der
       Kommission, wonach ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone keine Option
       ist.
       
       5 May 2015
       
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