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       # taz.de -- Hoffnungsschimmer am Millerntor: St. Pauli kämpft die Bullen nieder
       
       > Der FC St. Pauli schlägt RB Leipzig knapp mit 1:0 und verlässt die
       > Abstiegszone.
       
   IMG Bild: Wie Sören Gonther in dieser Szene ist auch der FC St. Pauli im Abstiegskampf derzeit obenauf
       
       HAMBURG taz | „Wir haben es einfach noch mehr gewollt als Leipzig“, fand
       Jan-Philipp Kalla am Ende eine so einfache wie treffende Erklärung für den
       Sieg. Zuvor hatte er auf dem Platz Ball und Gegner ohne Rücksicht auf
       Verluste so intensiv bearbeitet, dass er nach 82 Minuten mit Krämpfen
       ausgewechselt werden musste.
       
       Wie Kalla sehnten zu diesem Zeitpunkt fast alle Akteure auf dem Platz nur
       noch den Schlusspfiff herbei. Besonders in der ersten Hälfte hatten beide
       Teams um jeden Ball und um jeden Meter Boden so hart gefightet, dass
       Spielkultur die Ausnahme blieb.
       
       Doch einen dieser seltenen spielerisch höherwertigen Momente nutzte Lennart
       Thy in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit. Kalla hatte ihm einen
       Traumpass serviert und der einzige nominelle Stürmer im Team besaß nach
       einem 30-Meter-Sprint noch die Kraft, den Ball an Leipzigs Torhüter Fabio
       Coltori vorbei zur Führung ins Netz zu schieben.
       
       Beide Teams spielten 95 Minuten lang auf Sieg, weil schon ein Unentschieden
       das jeweilige Saisonziel in weite Ferne hätte rücken lassen. Während
       Leipzig, die kickende Deutschland-Filiale des Red-Bull-Konzerns, sich den
       Bundesliga-Aufstieg nach der Niederlage abschminken kann, träumt man am
       Hamburger Kiez nun wieder vom Klassenerhalt: Erstmals seit Oktober steht
       das Team auf einem Nichtabstiegsplatz, hat aber das schwerste Restprogramm
       aller Konkurrenten. Schon am kommenden Samstag müssen die Hamburger beim
       Tabellenzweiten 1. FC Kaiserslautern antreten, der zu Hause in dieser
       Saison noch ungeschlagen ist.
       
       So giftig die Partie auf dem Rasen war, so freundlich war der Empfang der
       Leipziger auf den Tribünen: Die Ostdeutschen, aufgrund des
       Red-Bull-Geschäftsmodells, das Spieler zwischen den einzelnen Firmenklubs
       wie Schachfiguren hin- und herschiebt und eigenen Fans keinerlei
       Mitwirkungsrechte im „Verein“ gestattet, sind das meistgehasste Team der
       Liga, die Inkarnation des Kommerz-Fußballs. Erst vorige Woche war bekannt
       geworden, dass der Österreicher Brause-Multi vor knapp neun Jahren den
       damaligen Hamburger Regionalligisten einfach aufkaufen und dem
       Red-Bull-Konzerngeflecht einverleiben wollte. Trotz dieser gescheiterten
       feindlichen Übernahme blieben die in anderen Stadien durchaus üblichen
       Hasstiraden am ausverkauften Millerntor gänzlich aus.
       
       Stattdessen sorgten die Hamburger Spieler auf dem grünen Rasen dafür, dass
       Geld nicht immer Tore schießt, brauchten dafür aber neben totalem Einsatz
       und etwas Glück auch Torhüter Robin Himmelmann, der mit einer Glanzparade
       Sekunden vor Schluss den Sieg festhielt. Auch Sportchef Thomas Meggle
       musste da einmal kräftig durchatmen, bevor er augenzwinkernd sagte: „Heute
       haben wir gekämpft wie die Bullen.“ MAC
       
       3 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marco Carini
       
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