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       # taz.de -- Homo-Ehe in den USA: Supreme Court gespalten
       
       > Der Oberste Gerichtshof soll klären, ob das Verbot von Homo-Ehen in
       > US-Bundesstaaten zulässig ist. Liberale und Konservative halten sich die
       > Waage.
       
   IMG Bild: Anhörung vor dem Supreme Court am Dienstag.
       
       WASHINGTON afp/dpa | Der [1][Oberste Gerichtshof der USA hat sich mit
       Klagen gegen das Verbot der Homo-Ehe in mehreren Bundesstaaten befasst] –
       ein womöglich historischer Fall, der gleichgeschlechtlichen Paaren
       landesweit das Recht auf Heirat eröffnen könnte. Wie bei vielen
       gesellschaftlich umstrittenen Fragen wurde bei der zweieinhalbstündigen
       Anhörung am Dienstag die tiefe Spaltung des neunköpfigen Richtergremiums in
       ein linksliberales und ein konservatives Lager deutlich.
       
       Der Vorsitzende Richter John Roberts äußerte Bedenken, Änderungen an der
       „Institution der Ehe“ vorzunehmen. Sein konservativer Kollege Antonin
       Scalia erklärte, die Entscheidung müsse nicht von der Justiz, sondern auf
       demokratischem Wege von der Bevölkerung gefällt werden. Die vier
       linksliberalen RichterInnen zeigten sich dagegen offen für das Anliegen der
       16 gleichgeschlechtlichen Paare aus Ohio, Kentucky, Tennessee und Michigan,
       die gegen das Verbot der Homo-Ehe in ihren Bundesstaaten klagen.
       
       Der konservative Richter Anthony Kennedy – in der Vergangenheit das
       Zünglein an der Waage bei Entscheidungen über die Rechte von Homosexuellen
       – bezog keine eindeutige Position. Einerseits verwies auch er auf die seit
       „Jahrtausenden“ bestehende Vorstellung der Ehe als Bund zwischen Mann und
       Frau. Andererseits zeigte sich Kennedy besorgt über die „Würde“ von
       gleichgeschlechtlichen Paaren.
       
       ## „Heterosexuellen Paaren wird nichts weggenommen“
       
       BefürworterInnen der Homo-Ehe verwiesen auf die veränderten Realitäten im
       Land. „Es ist eine Tatsache, dass schwule und lesbische Familien im ganzen
       Land zusammen leben“, sagte die Anwältin Mary Bonauto. Diese
       [2][Realitäten] müsse auch das Gericht anerkennen.
       
       Die Richterin Ruth Bader-Ginsburg meinte, eine Zulassung der Homo-Ehe
       bedeute kein Zurücksetzen der traditionellen Ehe. „Den heterosexuellen
       Paaren wird nichts weggenommen.“ Sie würden weiterhin alle Vorteile, die
       sie derzeit durch die Ehe genießen, behalten.
       
       Vor dem Gerichtsgebäude in der Hauptstadt Washington demonstrierten Gegner
       und Befürworter der Homo-Ehe. Aktivisten für die Rechte von Schwulen und
       Lesben schwangen Regenbogen-Fahnen und hielten Plakate mit der Aufschrift
       „Heiraten ist unser Grundrecht“ hoch. „Homosexualität ist eine Sünde",
       stand dagegen auf den Schildern der Gegner. Zu Beginn der Anhörung schrie
       ein Zuschauer „Homo-Sex ist für Gott ein abscheuliches Laster“ und wurde
       aus dem Gerichtssaal gezerrt.
       
       ## Keine einheitliche Gesetzgebung
       
       Auf Bundesebene hatte der [3][Oberste Gerichtshof schon im Juni 2013 eine
       Regelung gekippt], welche die Ehe als Zusammenschluss zwischen Mann und
       Frau definierte. Das sogenannte Gesetz zum Schutz der Ehe (Defense of
       Marriage Act) von 1996 hatte festgelegt, dass nur heterosexuelle Ehepartner
       Vorteile bei Steuern oder Erbschaften erhalten dürfen. Einer Entscheidung
       über die Rechtmäßigkeit gleichgeschlechtlicher Eheschließungen in allen 50
       Bundesstaaten wich der Supreme Court aber lange aus.
       
       Die USA gleichen bei der Heirat von Schwulen und Lesben einem
       Flickenteppich: Während 13 Bundesstaaten gleichgeschlechtliche
       Eheschließungen nicht anerkennen, stieg die Zahl der Staaten mit Homo-Ehe
       auf zuletzt 37. Die Zurückhaltung des Supreme Court bedeutete, dass
       zunächst mehrere Urteile aus niedrigerer Instanz Geltung hatten, die das
       Verbot der Homo-Ehe als verfassungswidrig einstuften.
       
       Im November hielt dann das Bundesberufungsgericht für Ohio, Kentucky,
       Tennessee und Michigan [4][entgegen dem landesweiten Trend] das
       Homo-Ehe-Verbot aufrecht. Angesichts der widersprüchlichen Urteile war eine
       höchstrichterliche Antwort unausweichlich. Die obersten Richter stellen
       sich die Frage, ob der im 14. Zusatzartikel der US-Verfassung
       festgeschriebene Gleichbehandlungsgrundsatz alle Bundesstaaten zur
       Legalisierung und Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen verpflichtet.
       Eine Entscheidung wird bis zum Ende des Sitzungsjahrs des Supreme Court im
       Juni erwartet.
       
       29 Apr 2015
       
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