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       # taz.de -- Rechte der Sinti und Roma: Nicht mehr weiter wie bisher
       
       > Rot-Grün in Niedersachsen plant einen Staatsvertrag, der die Kultur und
       > Identität der Sinti und Roma schützen und ihnen größere Chancen einräumen
       > soll.
       
   IMG Bild: Wollen sich nicht länger mit Vorurteilen herumplagen müssen: Sinti und Roma.
       
       HAMBURG taz | Die niedersächsischen Grünen wollen die Stellung der Sinti
       und Roma im Land stärken. Wie sie in einer Erklärung anlässlich des 70.
       [1][Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen]
       bekräftigen, setzen sie sich „für einen Staatsvertrag mit den Sinti und
       Roma nach [2][baden-württembergischen Vorbild] ein“. Wie auch ihr
       Koalitionspartner SPD wollen sie der nationalen Minderheit damit mehr
       gesellschaftliche Anerkennung und Teilhabe verschaffen.
       
       Ob die Vereinbarung die Form eines Staatsvertrages annehmen wird, wie er
       gerade mit den Muslimen verhandelt wird, oder eher die einer
       Rahmenvereinbarung, ist noch offen. Sie soll jedenfalls das
       [3][Rahmenübereinkommen des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten]
       umsetzen, das Deutschland bereits 1995 unterschrieben hat.
       
       Sinti und Roma wurden von den Nationalsozialisten mit rasseideologischer
       Begründung genauso vernichtet wie Juden. [4][Noch heute sehen sie sich in
       weiten Teilen der Bevölkerung mit Vorurteilen gegen „Zigeuner“
       konfrontiert.] Erschreckend viele von ihnen haben noch nicht einmal eine
       abgeschlossene Schulausbildung: Der Sinti-Verband habe 2012 dazu eine
       Studie machen lassen – „mit verheerendem Ergebnis“, wie Boris Erchenbrecher
       vom [5][Niedersächsischen Verband Deutscher Sinti] sagt.
       
       Wegen der Verfolgung durch die Nationalsozialisten und der Randexistenz, in
       die die Überlebenden nach dem Krieg gedrängt wurden, seien mehrere
       Generationen Sinti und Roma um ihre Schulbildung gebracht worden. Die
       Eltern seien deshalb oft nicht in der Lage, auf ihrem Bildungsweg zu
       helfen. Deshalb seien Beratungsstellen nötig, am besten mit Sinti und Roma
       besetzt, um diese Kinder, Jugendlichen und Eltern zu unterstützen.
       
       Erchenbrecher erhofft sich, dass die Förderung für diese Beratungsstellen
       durch eine Rahmenvereinbarung mit dem Land verstetigt werden kann und dass
       sich mit ihrer Hilfe auch „lebendige Begegnungszentren in den Städten“
       aufbauen lassen, in denen Sinti und Roma ihre Kultur pflegen können. Er
       verspricht sich, „dass die Arbeit aufgewertet und abgesichert wird, die die
       Vereine machen“. Es sei zu erwarten, dass, wenn es um Projekte wie gegen
       Antiziganismus geht, die Sinti und Roma auf Augenhöhe beteiligt werden.
       
       Bei dem SPD-Abgeordneten Christos Pantazis dürfte Erchenbrecher mit seinen
       Vorstellungen offene Türen einrennen. Beim Roma-Tag 2014 hatte eine
       Umsetzung der Vorgaben des Europarats als Teil eines „Paradigmenwechsels
       hin zur Teilhabe“ die rot-grüne Koalition erklärt.
       
       Die grüne Fraktionschefin Anja Piel findet es besonders wichtig, dass sich
       die Forschung mit der Geschichte der Sinti und Roma auseinandersetzt und
       dass diese Geschichte in den Schulen gelehrt wird. Für vorbildlich hält sie
       den Rat, den Baden-Württemberg aus Vertretern der Minderheit, der
       Landesregierung, des Landtages und der Kommunen eingerichtet hat.
       
       21 Apr 2015
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://bergen-belsen.stiftung-ng.de/de/home.html
   DIR [2] http://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/ein-jahr-staatsvertrag-mit-sinti-und-roma/
   DIR [3] http://de.wikipedia.org/wiki/Rahmen%C3%BCbereinkommen_zum_Schutz_nationaler_Minderheiten
   DIR [4] /1/archiv/digitaz/artikel/
   DIR [5] http://www.sinti-niedersachsen.de
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
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