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       # taz.de -- Bayerns Mannschaftsarzt schmeißt hin: Guardiolas Kontrolle fordert Opfer
       
       > Nach dem Rücktritt von Müller-Wohlfahrt übt sich Bayern München in
       > Beschwichtigung. Die Ursache für den Krach bleibt bestehen.
       
   IMG Bild: Hat goldene Hände und einen gekränkten Stolz: Hans-Wilhelm Müller-Wohlfarth
       
       MÜNCHEN taz | Ausnahmsweise musste Pep Guardiola ein bisschen warten.
       Vermutlich war ihm das ganz recht. Denn dass der Trainer des FC Bayern über
       die an diesem Tag wichtigste Personalie öffentlich diskutieren wollte, war
       nicht anzunehmen. Der aufsehenerregende Rückzug des langjährigen
       Vereinsarztes Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt am Abend zuvor wurde beim FC
       Bayern am Freitag behandelt, wie oft brisante Themen angegangen werden:
       sehr defensiv.
       
       Kurz vor Beginn der Pressekonferenz verschickte die Presseabteilung eine
       dürre Mitteilung, in der das stand, was später Mediendirektor Markus
       Hörwick an der Seite von Guardiola verkünden sollte. „Mit Bedauern“ habe
       man den Rückzug von Müller-Wohlfahrt zur Kenntnis genommen und wolle dem
       Arzt sowie dessen Team für die „erstklassige Arbeit“ danken.
       
       Es waren Höflichkeitsfloskeln, mehr nicht. Statements des
       Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge gab es keine, auch Guardiola
       wollte – oder besser – sollte sich zu dem Vorgang nicht äußern.
       
       Müller-Wohlfahrt hatte knapp 24 Stunden nach der 1:3-Niederlage im
       Champions-League-Viertelfinalhinspiel beim FC Porto die Öffentlichkeit über
       seinen Rücktritt informiert. Es ging um die „Beschädigung des
       Vertrauensverhältnisses“, wie er mitteilte. Es sei aus „uns unerklärlichen
       Gründen die medizinische Abteilung für die Niederlage hauptverantwortlich
       gemacht“ worden.
       
       ## „Nicht der Doktor ist schuld“
       
       Ein bisschen etwas sagte Guardiola dann doch noch. Dass in der
       entscheidenden Phase der Saison viele wichtige Spieler verletzt sind, „ist
       nicht die Schuld des Doktors. Das kann passieren.“ Und für Niederlagen sei
       allein er verantwortlich, ließ er vor dem Bundesligaspiel an diesem Samstag
       bei der TSG Hoffenheim wissen. „Wenn wir verlieren, bin ich schuld. Nicht
       der Vorstand, nicht die Physiotherapeuten, nicht der Doktor.“ Womöglich war
       es tatsächlich nicht Guardiola, der in Porto die medizinische Abteilung
       angeklagt hatte, sondern, wie die Bild-Zeitung erfahren haben wollte,
       Karl-Heinz Rummenigge.
       
       Dass allerdings Guardiola eine Rolle bei Müller-Wohlfahrts Rückzug gespielt
       hat, gilt als sicher. Dem Trainer hatte von Anfang an nicht gefallen, dass
       die Spieler nicht am Trainingsgelände behandelt wurden, sondern in der
       Praxis von Müller-Wohlfahrt in der Münchner Innenstadt. Aus Barcelona war
       Guardiola gewohnt, dass der Teamarzt bei der Mannschaft ist, und zwar nicht
       nur bei Spielen, sondern auch bei jedem Training.
       
       Müller-Wohlfahrt ist aber nicht nur für den FC Bayern da. Er gilt weltweit
       als Koryphäe. Der Pastorensohn aus Ostfriesland hatte sich 1977 in München
       niedergelassen und den Job des Teamarztes bei Bayern übernommen. Er betreut
       auch die deutsche Nationalmannschaft und hat Patienten aus aller Welt.
       Sprint-Olympiasieger Usain Bolt gehört ebenso dazu wie diverse
       Tennisspieler.
       
       ## Nicht alle trauen seinen Behandlungsmethoden
       
       Der frühere Bayern-Stürmer Mario Gomez lässt sich noch immer in München
       behandeln, und auch Fußballprofis aus anderen deutschen Klubs konsultieren
       vor allem bei Muskelverletzungen Müller-Wohlfahrt. In Sportlerkreisen gilt
       er als der „Mann mit den goldenen Händen“, wenngleich es in seinem
       Kollegenkreis auch Ärzte gibt, die einige seiner Behandlungsmethoden
       anzweifeln.
       
       In dem ersten offenen Zwist zwischen Guardiola und Müller-Wohlfahrt ging es
       genau darum. Der Trainer hatte Thiago wegen dessen Innenbandverletzung zu
       seinem vertrauten Mediziner Ramón Cugat nach Barcelona geschickt. Der
       Streit erinnerte an das Intermezzo von Jürgen Klinsmann bei den Bayern.
       Auch der hatte einst gefordert, dass der Teamarzt ständig dabei ist. Als
       Konsequenz gab Müller-Wohlfahrt damals seinen Job bei Bayern auf und kehrte
       erst nach Klinsmanns Entlassung zurück.
       
       Doch Guardiola will noch mehr Kontrolle als Klinsmann, und die Bayern
       lassen ihn gewähren. Die Frage stellt sich jedoch, ob ein Verein, der sich
       derart den Wünschen eines Trainers beugt, irgendwann vor einem
       Scherbenhaufen steht.
       
       17 Apr 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Elisabeth Schlammerl
       
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