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       # taz.de -- Sicherheitsgutachten zu Shell: Neue Pannenserie unwahrscheinlich
       
       > Bei Shell gab es in den letzten Jahren eine Pannenserie. Nun hat das
       > Umweltministerium NRW die Sicherheitslage untersucht. Der Ölkonzern hat
       > offenbar dazugelernt.
       
   IMG Bild: Februar 2013: Wasser und Kerosin (oben) aus dem Pipeline-Leck in Wesseling.
       
       DÜSSELDORF dpa | Eine Serie von Chemie-Unfällen bei der Shell Rheinland
       Raffinerie wird es nach Einschätzung unabhängiger Gutachter in der
       bisherigen Größenordnung wahrscheinlich nicht mehr geben. Experten, die das
       nordrhein-westfälische Umweltministerium beauftragt hatte, bescheinigen
       Shell, bereits erhebliche Anstrengungen unternommen zu haben, um
       Sicherheitsrisiken zu minimieren.
       
       Das geht aus dem am Donnerstag in Düsseldorf vorgestellten Gutachten
       hervor. „Eine Häufung von Ereignissen wie in den vergangenen Jahren ist
       erheblich unwahrscheinlicher geworden“, heißt es in dem 166 Seiten starken
       Bericht. Eine wesentliche Ursache für mehrere Pipeline-Lecks waren demnach
       unzureichende Inspektionsintervalle. Das Sicherheitsmanagement sei „nicht
       ausreichend robust gewesen“, folgerte der Leiter des Gutachterteams, Prof.
       Christian Jochum. Rechtsverstöße seien aber nicht festgestellt worden.
       
       Die gravierendsten Folgen hatte 2012 ein Pipeline-Leck in Wesseling: Damals
       war über vier Wochen mehr als eine Million Liter Kerosin unbemerkt ins
       Erdreich gesickert. „Wenn die defekte Kerosinleitung nach dem heutigen
       Stand der Technik betrieben worden wäre, wäre der Schaden sehr viel früher
       entdeckt worden“, stellte NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) fest.
       Er forderte von der Bundesregierung erneut, den Bestandsschutz für alte
       Anlagen aufzuheben. „Es muss einen Zeitraum geben, nachdem Alt-Anlagen
       ausgetauscht werden.“
       
       Raffinerie-Direktor Thomas Zengerly hielt dagegen: „Von einer generellen
       Verfallsgrenze halte ich nichts.“ Es müsse aber alles getan werden, damit
       Altanlagen keine Gefährdung darstellten. Dem sei Shell bei der Pannenserie
       zwischen 2012 und 2014 nicht gerecht geworden. „Wir haben die Ambition,
       nicht nur dir größte Raffinerie Deutschlands zu sein, sondern auch die
       sicherste“, sagte der Manager. „Da sind wir noch nicht.“
       
       Zwischen 2012 und 2014 hatten sich Unfälle und Betriebsstörungen gehäuft:
       Vor einem Jahr war im Werk Godorf ein Tank mit krebserregendem Toluol
       explodiert. 2013 waren dort zwei Arbeiter bei einer Verpuffung schwer
       verletzt worden. „Es gibt nicht den einzelnen Fehler, auf den sich alle
       Ereignisse der letzten Jahre zurückführen lassen“, stellte Jochum fest.
       Lediglich bei den Leitungsleckagen zwischen Oktober und Dezember 2012 könne
       man sagen, dass wegen unzureichender Überwachung Korrosion zu spät erkannt
       worden sei.
       
       ## Risikopotenzial ausgeklammert
       
       Die Gutachter raten vor allem dazu, die Mitarbeiter besser zu schulen, zu
       sensibilisieren und die Kommunikation mit Nachbarn und Sicherheitsbehörden
       zu verbessern. Ihr Bericht gibt über 60 Empfehlungen. Vieles sei von Shell
       bereits angestoßen worden, stellte Jochum fest. „Verschiedene Probleme
       haben wir daher nicht mehr vorgefunden.“ Jetzt müsse dafür gesorgt werden,
       dass alles umgesetzt werde, mahnte der Bund für Umwelt und Naturschutz. Das
       Risikopotenzial der Ballung von Öl- und Chemie-Betrieben im Kölner Süden
       sei ausgeklammert worden, kritisierte er in einer Mitteilung.
       
       Shell habe seit 2013 bereits alle 17.000 Leitungen mit wassergefährdenden
       Stoffen inspiziert, berichtete Zengerly. Die Nordtrasse, wo das Kerosin
       2012 ausgetreten war, werde für zehn Millionen Euro oberirdisch verlegt.
       Die Rheinland Raffinerie verfügt über 60.000 Leitungen mit einer
       Gesamtlänge von rund 8.400 Kilometern. „Einmal Nürnberg-Nordkap und
       zurück“, erklärte ein Sprecher. Die Kosten für die Umweltschäden bezifferte
       Zengerly auf einen zweistelligen Millionenbetrag. Zudem habe Shell eine
       Geldauflage in Millionenhöhe gezahlt.
       
       In Wesseling seien inzwischen etwa 270.000 Liter Kerosin, gut ein Viertel
       des ausgelaufenen Flugzeug-Treibstoffs, abgepumpt worden. „Das wird Jahre,
       wenn nicht Jahrzehnte dauern“, sagte Remmel. „Eine Gefahr für das
       Grundwasser ist derzeit nicht feststellbar.“
       
       16 Apr 2015
       
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