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       # taz.de -- Koalitionsvertrag mit SPD: Hamburgs Grüne sagen Ja
       
       > Trotz heftiger Kritik haben Hamburgs Grüne dem Koalitionsvertrag mit der
       > SPD zugestimmt. Die Sozialdemokraten sind am Dienstag dran.
       
   IMG Bild: Landesmitgliederversammlung: Zwei Drittel stimmten für den Vertrag
       
       HAMBURG dpa | Der Koalitionsvertrag von SPD und Grünen in Hamburg hat seine
       schwierigste Hürde genommen. Trotz anfänglicher Befürchtungen und nach
       teils hitzigen Debatten stimmte die Grünen-Basis auf einer
       Landesmitgliederversammlung am Sonntag mit deutlicher Mehrheit für das
       115-Seiten-Papier.
       
       Bei der offenen Abstimmung votierten Beobachtern zufolge etwa zwei Drittel
       für den Koalitionsvertrag, ein Drittel stimmte dagegen oder enthielt sich
       der Stimme. Nun muss noch ein SPD-Parteitag am Dienstag zum Vertrag Ja
       sagen - woran niemand zweifelt -, um Hamburgs zweite rot-grüne Koalition in
       der Nachkriegsgeschichte Wirklichkeit werden zu lassen.
       
       Die Wiederwahl von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) ist dann für Mittwoch in
       der Bürgerschaft geplant. Um als Regierungschef bestätigt zu werden,
       braucht Scholz mindestens 61 der 121 möglichen Stimmen. Die geplante
       Koalition verfügt im Parlament über insgesamt 72 Sitze - 58 bei der SPD, 14
       bei den Grünen. Nicht eingerechnet ist die aus der Grünen-Fraktion und
       Partei ausgetretene Nebahat Güçlü.
       
       ## Solider, ehrlicher Vertrag
       
       Trotz teils harscher Kritik überwog auf der Mitgliederversammlung im
       Bürgerhaus Wandsbek die Zustimmung zum rot-grünen Koalitionsvertrag
       deutlich. Die meisten Redner in der gut vierstündigen Aussprache lobten
       etwa den Verzicht auf Rechtsmittel der Stadt gegen ein Urteil des
       Verwaltungsgerichts zur Luftreinhaltung, das Frackingverbot oder das
       zusätzliche Geld für Wissenschaft und Umwelt sowie die Pläne für den Ausbau
       des Fahrradverkehrs.
       
       Der Vertrag sei keine Trophäe, die man in die Vitrine stelle, sagte die
       Parteivorsitzende und designierte Zweite Bürgermeisterin und
       Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank. „Was wir hier haben, das ist ein
       solider, das ist ein ehrlicher Vertrag.“ Er biete einen klaren grünen
       Mehrwert, sei es etwa im Hafen, bei der Umwelt, im Klimaschutz oder im
       Verkehr. „Mit diesem Vertrag müssen wir uns nicht verstecken“, sagte auch
       Grünen-Fraktionschef Jens Kerstan, der in der rot-grünen Koalition Senator
       für Umwelt und Energie werden soll.
       
       Fegebank warnte eindringlich vor einem Gang in die Opposition. „Ich bin mir
       absolut sicher, dass uns das übelgenommen wird, wenn wir uns jetzt
       zurückziehen und in die Furche legen.“ Eine Koalition mit der SPD unter
       Bürgermeister Scholz sei nicht einfach. „Trotzdem glaube ich, das ist
       allemal besser, auch gegenüber der Öffentlichkeit, gegenüber unseren
       Wählerinnen und Wählern.“
       
       ## Petersilienbegleitgrün
       
       Kritik am Verhandlungsergebnis der Kommission um Fegebank und Kerstan bezog
       sich auf die Elbvertiefung, gegen die sich die Grünen nicht mehr sperren
       werden. „Wenn wir den Vertrag unterschreiben, verkaufen wir uns an den
       Hafen“, warnte etwa Gudrun Schittek vom Kreisverband Harburg und fügte an:
       „Daher nein zum Koalitionsvertrag.“ Die Bürgerschaftsabgeordnete Stefanie
       von Berg beklagte sich über den Bereich Schule: Dort seien die Grünen nicht
       einmal Sättigungsbeilage der SPD. „Wir sind Petersilienbegleitgrün.“
       
       Aber auch der Umgang mit den in Hamburg gestrandeten
       „Lampedusa-Flüchtlingen“ erregte Unmut. Fegebank verteidigte den
       Kompromiss, der statt eines kollektiven Bleiberechts für die Gruppe erneut
       nur Einzelfallprüfungen zulässt. „Wir waren, wir sind, wir bleiben
       Unterstützer von Lampedusa“, sagte Fegebank. Vor Beginn der Versammlung
       hatte die Initiative „Recht auf Stadt - never mind the papers“ ein Nein zum
       Vertrag gefordert. Der Sprecher der „Lampedusa-Flüchtlinge“, Abimbola
       Odugbesan, erinnerte daran, dass die Grünen im Wahlkampf eine „politische
       Lösung“ gefordert hätten.
       
       Der geplanten rot-grünen Landesregierung sollen drei grüne Senatoren
       angehören. Neben Fegebank und Kerstan wird dazu nach Parteiangaben Till
       Steffen gehören, der wie schon in der schwarz-grünen Koalition 2008 bis
       2010 Justizsenator werden soll. Die SPD stellt acht Senatoren. Wer dies
       konkret sein wird, will Scholz spätestens auf dem SPD-Parteitag am Dienstag
       sagen. Bislang verwies er nur darauf, dass er seine bisherige Mannschaft
       beibehalten möchte.
       
       12 Apr 2015
       
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