URI: 
       # taz.de -- Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
       
       > Kim Kardashian wird politisch, die Generation Praktikum ist am Ende,
       > Schmidt kehrt zurück und Merkel repariert alles, bevor es zu spät ist.
       
   IMG Bild: Kim Kardashian dreht eine Doku über den Völkermord in Armenien. Hoffentlich kommt Helene Fischer nicht auf die Idee, in Auschwitz „Atemlos“ zu singen.
       
       Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche? 
       
       Clinton erklärt ihre Präsidentschaftskandidatur.
       
       Was wird besser in dieser? 
       
       Mist, für Merkel wieder kein anderes Land frei.
       
       US-Präsident Barack Obama gesteht bei seinem Besuch auf Jamaika, dass er
       großer Bob-Marley-Fan ist und alle Alben des Musikers besitzt. Wollen Sie
       an dieser Stelle auch etwas gestehen? 
       
       Ja, ich mag Obamas neuen Track „We are not in the business of regime
       change“, den er nach seinem Shake-Hands mit Cubas Raul Castro vorstellte.
       Beim European Song Contest hätte die Nummer keine Chance, weil den
       Europäern die USA im Nacken sitzen unter Leitung eines gewissen Obama. Der
       scheint so eine Art Hypothekenfinanzierung beim Nobelkomitee laufen zu
       haben und sucht nun nach Flecken der Erde, die er noch befrieden kann.
       Jamaikas Kultur loben, Wandel durch Annäherung mit Kuba: gutes Recht und
       erste Pflicht eines US-Präsidenten, mit der Nachbarschaft ins friedliche
       Gespräch zu kommen. Immerhin sieht es damit nicht so aus, als müsste die
       Nato auch noch Kuba in die EU aufnehmen.
       
       Kim Kardashian macht sich zur Abwechslung mal nicht nackig, sie ist derzeit
       gar auf Bildungsreise in Armenien und will einen Dokumentarfilm über den
       Massenmord drehen. Was sagen Sie als TV-Vollprofi zu diesem Konzept? 
       
       Nein, ich möchte nicht Helene Fischer an Stätten deutscher Völkermorde
       „Atemlos“ performen sehen.
       
       Noch ein bisschen mehr Fernsehen: „Das Literarische Quartett“ soll
       womöglich ins ZDF zurückkehren. Und zwar mit Harald Schmidt. Ein Format von
       damals mit einem Moderator von damals – ist das jetzt die berühmte
       Innovationskraft der Öffentlich-Rechtlichen? 
       
       Innovation im Fernsehen ist oft genug, zwei unpassende Elemente
       zusammenzurühren, bis es passt. Reich-Ranickis „Quartett“ war für alle
       außer ihn ein Hochbegabtendschungelcamp; man kam, sah, und er sägte.
       Me-too-Projekte wie das Philosophische (ebenfalls ZDF) oder
       Plattenkritik-Quartette blieben ihrem Sujet verpflichtet und damit unter
       der spannenden Frage „Wen macht der Chef diesmal nieder?“. Schmidt mag
       Gäste, die ihn nicht beim Brillieren stören; tun sie es doch wird er dort
       defensiv, wo Reich-Ranicki lospolterte. Kurz: Er müsste aggressiver werden
       oder das Boxbudenpublikum genügsamer.
       
       Der frühere Karstadt-Chef und Bertelsmann-Vorstand Thomas Middelhoff
       beklagt, in der Untersuchungshaft alle 15 Minuten geweckt worden zu sein.
       Wer macht so was? 
       
       Ein verantwortungsbewusster Anstaltsarzt. Joe Bausch (JVA Werl und als
       Schauspieler im „Kölner Tatort“) schreibt in seinem „Knast“-Buch:
       Depressive oder selbstmordgefährdete Häftlinge könnten – zur sozialen
       Kontrolle – in Gemeinschaftszellen untergebracht werden. Viele scheuten
       dies, Haftmobbing könne selbstzerstörerische Tendenzen noch verstärken. In
       Untersuchungshaft gilt das „Trennungsprinzip“, doch es können Ausnahmen
       gewährt werden. Ins Bild gehören also auch Middelhoffs Anwälte, die vor
       Suizidgefahr ausdrücklich warnten. Da bleibt dem Arzt wenig Wahl, als
       frequente Überprüfung anzuordnen. Das geht auch geräuschlos. Wenn der Fall
       hilft, die Haftbedingungen der anderen zu verbessern, hätte Middelhoff mal
       etwas für die ganze Belegschaft getan.
       
       Deutschland lebt seit mehr als 100 Tagen mit dem Mindestlohn.
       Erschreckenderweise ist trotzdem noch nicht alles zusammengebrochen. Ist
       das nun der Beweis, dass wir für immer und ewig Wirtschaftswunderland sind? 
       
       Es ist jedenfalls das Ende der „Generation Praktikum“. In meiner Branche
       herrscht inzwischen Wettbieten um Praktikanten, weil „alles außer
       studienbegleitend“ mit über 1.500 Euro/Monat zu entlohnen ist. Früher sah
       man berufliche Lebensläufe mit einem Dutzend und mehr Praktika, das war
       auch Unsinn. Kritischer sehe ich, dass jetzt der Spargel teurer wird.
       
       Kanzlerin Angela Merkel ist nun schon seit 15 Jahren Bundesvorsitzende der
       CDU. Sie dürfen jetzt gratulieren. 
       
       Kohls Prinzip „Dranbleiben, bis etwas Tolles passiert“ hat sie zur Hälfte
       übernommen und perfektioniert. Sie – ist. Zumal sie ihr stärkstes Pfund –
       die neoliberale Agendapolitik – nur unfallfrei erben musste. Kehrseite
       ihres „alternativlosen“ Stiles ist die alles umfassende Schläfrigkeit, mit
       der das Land ihr Walten hinnimmt. Sie hat die hektischen Eurozocker in den
       Schlaf meditiert; sie hat Untätigkeit in Europa ins Fiasko eskalieren
       lassen.
       
       Merkels Innovationskraft – Frauen, Familie, Gesellschaftsbild – erweist
       sich auf den zweiten Blick als die Kunst, zu reparieren, bevor Machtverlust
       droht. Anfangs hatte sie einen eigenen politischen Ansatz – aus
       Staatsverdruss an der DDR wurzelnd. Das genügte gerade, ein paar Blüms und
       Eppelmänner abzuräumen; Partei wie Wähler mahnten sie bald ans
       christsoziale Erbe. Beim Anblick der Merkel-CDU fragt man sich, wozu es
       eine FDP bräuchte und wieso es keine Partei rechts davon gibt. Und so kam
       es.
       
       Und was machen die Borussen? 
       
       Beim Radsport werden die ersten Kilometer der Etappe neutralisiert
       gefahren. Für den BVB wären 60 Sekunden zum Wachwerden hilfreich.
       
       FRAGEN: MAB, CZ, JÜK
       
       12 Apr 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Friedrich Küppersbusch
       
       ## TAGS
       
   DIR Harald Schmidt
   DIR Karstadt
   DIR Schwerpunkt Angela Merkel
   DIR Kim Kardashian
   DIR Helene Fischer
   DIR Kim Kardashian
   DIR Volkswagen
   DIR Schwerpunkt AfD
   DIR Tim Cook
   DIR Kai Diekmann
   DIR Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
   DIR Solidaritätszuschlag
   DIR Schwerpunkt AfD
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Die Gesellschaftskritik: Kim nimmt eine Auszeit
       
       Kim Kardashian wurde ausgeraubt und hat es verdient – glauben zumindest
       Karl Lagerfeld und ein paar Millionen Follower.
       
   DIR Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
       
       Krautfunding mal richtig, VW beginnt die Frauenförderung und Google hat
       verstanden, wie Verleger ticken und die Maschinen machen uns alle.
       
   DIR Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
       
       Atommüll in Tschernobyl, Flüchtlinge im Mittelmeer, die Modelle G36 und
       „Uschi15“, Lauer bei Springer und der Lucky Luke der AfD.
       
   DIR Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
       
       Mediale Volksgerichtshöfe, Licht aus beim BVB, und „alternativlos“ ist
       nicht alternativlos. Erfreulich ist auch die „Spiegel Online“-Rubrik „Was
       wir nicht wissen“.
       
   DIR Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
       
       Nazis verlieren ein Werkzeug zur Behördenveralberung, Obama schaut auf die
       Uhr, die Grünen wollen Cannabis und Amazon testet Drohnen.
       
   DIR Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
       
       Schäuble zeigt Schröder-Linie, die Buchmesse zeichnet Form statt Inhalt aus
       und Thüringen steht auch nach 100 mit Bodo Ramelow Tagen noch.
       
   DIR Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
       
       An die Fassade der neuen BND-Zentrale sollte ein blindes Huhn mit
       Schwimmflügeln und Gaucks Nachfolgerin ist ebenso aussichtslos.
       
   DIR Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
       
       Kippa im schwarz-gelben Borussen-Design, ein isolierter Horst und die AfD
       im Zeitungsgewand. Denn Merkel ist die „Bild“ lieber als die AfD.