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       # taz.de -- AKW-Planung in Finnland: Erstmal Fakten schaffen
       
       > Noch ist nicht sicher, ob Finnlands sechstes AKW gebaut wird. Doch das
       > Land wird schon mal gerodet. Von der EU drohen Einwände gegen den Bau.
       
   IMG Bild: Bauboom in Finnland: Die Errichtung eines der anderen AKWs, Olkiluoto 3, im Januar 2014.
       
       STOCKHOLM taz | Es gibt noch keine detaillierten Baupläne für den Reaktor,
       den Russlands Staatskonzern Rosatom liefern soll. Eine Baugenehmigung liegt
       noch in weiter Ferne. Und auch sonst gibt es um den geplanten Neubau eines
       sechsten finnischen Atomreaktors viele ungelöste Fragen: von fehlenden
       Investoren über die Versorgung dieses Reaktors mit Brennelementen bis zur
       Lösung des Atommüllproblems.
       
       Das alles hindert die Betreibergesellschaft Fennovoima und ihre russischen
       Partner aber nicht daran, schon einmal Tatsachen zu schaffen: Derzeit
       werden auf dem vorgesehenen Bauplatz, der nordwestfinnischen Halbinsel
       Hanhikivi, 124 Hektar Wald abgeholzt. Mit den Erdarbeiten zum Bau einer
       Zufahrtsstraße ist Ende März begonnen worden.
       
       Die AKW-GegnerInnen sind empört: Ein Großteil dieses Walds habe einen hohem
       Naturwert, kritisiert die Organisation Pro Hanhikivi, die seit Jahren gegen
       die AKW-Pläne kämpft. Das Gebiet sei ein wichtiger Rast- und Brutplatz für
       viele Vögel, darunter auch seltene Arten. Die würden durch derzeit nicht
       gerechtfertigte Bauarbeiten nun massiv gestört.
       
       „Wir sind überzeugt, dass eine Mehrheit der Bevölkerung das nicht will“,
       sagt eine der Anti-AKW-AktivistInnen, die grüne Lokalpolitikerin Hanna
       Halmeenpää: „Seit 2007 haben wir viermal ein Referendum gefordert – immer
       ist das abgeschmettert worden. Man hat wohl Angst, uns zu fragen.“ Die
       Mehrheit im Kommunalparlament von Pyhäjoki, auf deren Gebiet der geplante
       Reaktorbauplatz liegt, hat nicht nur eine solche Volksbefragung abgelehnt,
       sondern auch die jetzigen Arbeiten genehmigt. In dieser strukturschwachen
       und von Abwanderung betroffenen Region hoffen die Befürworter mit dem
       AKW-Bau auf eine bessere wirtschaftliche Zukunft.
       
       ## Quote nicht erfüllt
       
       Obwohl eine Mehrheit des finnischen Parlaments im Dezember den Bau eines
       russischen Druckwasserreaktors mit einer Leistung von 1.200 Megawatt
       politisch abgesegnet hat, muss der Bau noch wichtige Hürden nehmen. Neben
       der staatlichen Rosatom als Hauptinvestor wollen über 50 Anteilseigner das
       AKW finanzieren – Unternehmen, Energieversorger und Kommunen.
       
       Doch die gesetzlich geforderte Quote von 60 Prozent finnischem Kapital ist
       noch nicht erfüllt. Kürzlich hat die Stadt Nykarleby ihre Anteile gekündigt
       und in anderen Gemeinden steht diese Frage auf der Tagesordnung der
       Kommunalparlamente. Energieversorger, die sich am Bau beteiligen wollen,
       sind durch Boykottaufrufe zusätzlich unter Druck geraten, ihr
       AKW-Engagement zu überdenken.
       
       Dass Rosatom den Reaktor mit Brennelementen aus der berüchtigten
       Wiederaufbereitungsanlage Mayak im Südural betreiben will, stößt bei der
       Umweltschutzorganisation Bellona auf heftige Kritik. Dies sei eine völlig
       veraltete Anlage, die „mit großen Emissionen von Radioaktivität die Umwelt
       verstrahlt“, sagt deren Nuklearexperte Nils Bøhmer: „Wer Mayak beauftragt,
       ist dafür verantwortlich, dass dieser Betrieb weitergeht.“
       
       Einwände gegen russische Brennelemente könnte auch die EU haben – wegen der
       Versorgungssicherheit und aus wettbewerbsrechtlichen Gründen. So stellte
       die Kommission im März mit solcher Begründung bereits ausschließliche
       Brennelemente-Lieferverträge von Rosatom für zwei ungarische Reaktoren
       infrage. Und diese Verträge sind mit denen von Fennovoima nahezu identisch.
       
       7 Apr 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reinhard Wolff
       
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