URI: 
       # taz.de -- Interreligiöses Karfreitagsgebet: Wie der Prophet in Äthiopien
       
       > Bei der bundesweit einzigen interreligiösen Kreuzwegandacht beten am
       > Karfreitag Christen und Muslime unter der Bronzeskulptur am Spadenteich
       > in St. Georg.
       
   IMG Bild: Offen für Interreligiöses: Die Centrum Moschee in Hamburg-St. Georg.
       
       HAMBURG taz | Es ist eine Art „Religion im öffentlichen Raum“: die
       ökumenische, interreligiöse Kreuzwegandacht gegenüber der Hamburger St.
       Georgskirche, mit der Christen und Muslime am Karfreitag um 14 Uhr an die
       Kreuzigung Christi erinnern. Der Akt versteht sich als gemeinsames
       Friedensgebet und ist in Deutschland einmalig: Nirgends sonst treffen sich
       Muslime – die nach ihrem Freitagsgebet herbeieilen – und Christen unter
       einer Kreuzigungsskulptur, um des Sterbens Jesu zu gedenken, den die
       Christen als „wahren Gott“ betrachten.
       
       Aber auch für Muslime ist Jesus ein Prophet und „gleichberechtigt mit Moses
       und Mohammed“, sagt Ahmed Yazici von der Centrum Moschee im Stadtteil St.
       Georg. „Deshalb nehmen wir gern teil.“ Zudem sei es ja kein gemeinsames
       Ritual, sondern ein Gebet, sensible Grenzen würden also nicht
       überschritten. Yazici selbst hat kein Problem damit, das christliche Gebet
       mitzusprechen: „Indem wir zusammen feiern, setzen wir die Tradition des
       Propheten Mohammed fort, der Christen in Äthiopien in seine Moschee
       einlud.“ Auch Peter Mies, Pfarrer des katholischen Mariendoms, ist offen:
       „Wenn ein muslimisches Gebet etwas besagt, das mit meinem Glauben vereinbar
       ist, spreche ich es mit.“
       
       ## Sündenböcken auf der Spur
       
       Thema der seit 2006 existierenden Kreuzwegandacht sind diesmal „Sündenböcke
       der Gesellschaft“. Es werde – neben christlichen und muslimischen Gebeten –
       Kurzreferate zum Pauschalverdacht gegen Muslime, zur Dämonisierung
       jugendlicher unbegleiteter Flüchtlinge und über sprachlichen
       Fundamentalismus geben, sagt der evangelische Pastor Kay Kraack, der das
       Ganze organisiert.
       
       Gedenk-Demonstrationen gab es schon im Mittelalter – in Gestalt populärer
       Kreuzwegprozessionen. Die hamburgische führte vom einstigen Mariendom am
       heutigen Domplatz nach St. Georg – zu genau der Stelle, an der ein Abguss
       der Kreuzigungsskulptur von 1490 seit der Restaurierung 2004 wieder steht;
       das Original birgt der Turm der St. Georgskirche.
       
       „Wir haben viel darüber diskutiert, ob wir die Skulptur an ihren
       Originalplatz außerhalb des Kirchengeländes – im öffentlichen Raum am
       Spadenteich – stellen sollen“, sagt Kraack. Man habe sich dafür
       entschieden, „auch, weil Muslime uns zugeredet haben, denn auch sie fanden:
       Religion soll öffentlich sein“.
       
       Warum diese Art Interreligiosität selbst in Hamburg ein Einzelfall ist,
       kann Kraack nur vermuten. „Die Centrum Moschee St. Georg ist sehr offen für
       den Dialog“, sagt er. „Wir wollen zeigen, dass wir solidarisch sind“,
       ergänzt Yazici. Er hoffe, „dass so etwas eines Tages zur Regel wird“.
       
       2 Apr 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Petra Schellen
       
       ## TAGS
       
   DIR Hamburg
   DIR St. Georg
   DIR Christen
   DIR Muslime
   DIR Karfreitag
   DIR Interreligiöser Dialog
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA