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       # taz.de -- Besetzte Schule in Berlin-Kreuzberg: Flüchtlinge müssen draußen bleiben
       
       > Der Bezirk verwehrt mehreren Bewohnern den Zutritt zum Gebäude. Dabei
       > steht die Gerichtsentscheidung über eine Räumung weiterhin aus.
       
   IMG Bild: Transparente am Zaun der einstigen Hauptmann-Schule in Kreuzberg.
       
       Die BewohnerInnen der von Flüchtlingen besetzten ehemaligen Schule in
       Kreuzberg sprechen von einer „stillen Räumung“: Am Freitagabend wurde
       mehreren Bewohnern, die den Tag über unterwegs gewesen waren, der Zugang
       zur Schule verweigert. Das Sicherheitspersonal händigte ihnen ihre
       persönlichen Sachen sowie einen Hostelgutschein für drei Übernachtungen
       aus. Nach Darstellung des Bezirks handelte es sich um insgesamt vier
       Personen; die SchulbewohnerInnen sprechen auf ihrer Internetseite hingegen
       von bisher zehn Betroffenen.
       
       Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) bestätigte die Ereignisse am
       Samstag in einem Beitrag auf Facebook. Die vier Bewohner hätten gegen die
       Räumungsandrohung des Bezirks vom 20. Februar keinen Widerspruch eingelegt,
       das Gebäude aber auch nicht bis zum vom Bezirk festgelegten Stichtag am 19.
       März verlassen. „Somit haben auch die sog. Hausausweise ihre Gültigkeit
       verloren“, schreibt Herrmann. Auch aus der Schule heißt es, es handele sich
       um diejenigen, die gegen die Räumungsandrohung keine Rechtsmittel eingelegt
       hatten. „Viele sind davon ausgegangen, dass eine Räumung gar nicht möglich
       ist, weil doch noch verschiedene Gerichtsverfahren laufen“, sagt ein
       Bewohner der taz.
       
       24 BewohnerInnen hatten am 9. März Widerspruch gegen die Räumungsandrohung
       eingelegt. Laut Bezirkssprecher Sascha Langenbach sind andere der
       Aufforderung zum Auszug nachgekommen. Wie viele Menschen momentan noch in
       der Schule leben, weiß der Bezirk laut eigener Auskunft nicht.
       Finanzstadträtin Jana Bohrkamp (Grüne) hatte auf der letzten
       Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am Mittwoch erklärt, der Bezirk habe
       feststellen wollen, wie viele Personen noch in der Schule leben. Dazu sei
       aber Amtshilfe der Polizei nötig gewesen, was diese abgelehnt habe.
       
       Den BesetzerInnen hatte zuletzt im November akut eine Räumung gedroht. Ein
       Bewohner hatte damals einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht gestellt, in
       dem er ein Nutzungsrecht für einen Teil des Gebäudes proklamierte. Er
       berief sich dabei auf die Vereinbarung zwischen Bezirk und BewohnerInnen
       vom Juli, in der der Bezirk den noch in der Schule lebenden Menschen
       zusicherte, in einem Gebäudeflügel bleiben zu können. Das Gericht gab dem
       Antrag statt und verfügte, die Schule dürfe so lange nicht geräumt werden,
       bis eine abschließende Entscheidung vorliege.
       
       Eine solches Urteil steht bisher aus. Laut Bezirksstadträtin Bohrkamp
       liegen dem Gericht inzwischen alle Unterlagen vor, ein Entscheidungstermin
       sei aber nicht bekannt. „Ich hoffe mal, dass wir nach Ostern so weit sind“,
       hatte Bohrkamp am Mittwoch in der BVV erklärt.
       
       Der Bezirk will in dem Gebäude eine Flüchtlingsunterkunft in Trägerschaft
       der Diakonie einrichten, das Konzept dafür sei fertig: „Das liegt im Grunde
       auf Halde, bis die Gerichte entschieden haben“, so Bohrkamp. vAllerdings
       ist es umstritten: „Die Gespräche in den letzten Wochen bezüglich eines
       tragfähigen einvernehmlichen Konzeptes […] waren – wie in den vergangenen
       1,5 Jahren – bisher bedauerlicherweise nicht erfolgreich“, schreibt
       Herrmann dazu in ihrem Facebook-Beitrag. Der Konflikt scheint weiterhin
       ungelöst: Die BewohnerInnen wollen eine selbst verwaltete Unterkunft, der
       Bezirk will ein reguläres Heim.
       
       Die 24 BewohnerInnen, die gegen die letzte Räumungsandrohung Widerspruch
       einlegten, haben eine Crowdfunding-Kampagne für ihre Gerichtskosten
       gestartet. 11.500 Euro der nach eigenen Angaben benötigten 12.000 Euro sind
       in den letzten drei Wochen zusammengekommen.
       
       29 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malene Gürgen
       
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