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       # taz.de -- Fußball für alle: Sichere Partie, unsicheres Land
       
       > Werder Bremen kickt am Freitagabend in Nordhorn in einem Testspiel gegen
       > die inoffizielle Nationalelf des Kosovo, eines der ärmsten Länder auf dem
       > europäischen Kontinent.
       
   IMG Bild: An Fans kein Mangel: beim Spiel der inoffiziellen kosovarischen Nationalelf.
       
       BREMEN taz | Wenn die Fußballprofis von Werder Bremen am heutigen
       Freitagabend gegen das Nationalteam des Kosovo spielen, dann ist
       Zurückhaltung vorgeschrieben: Ein Testspiel wird es sein, nicht an der
       Weser, sondern im „Eintracht-Stadion“ in Nordhorn – und kosovarische Fahnen
       und die Landeshymne sind dabei nicht erlaubt. Kosovo ist bis heute kein
       offizielles Uefa- oder Fifa-Mitglied.
       
       Denn der Status des Kosovo ist umstritten: Nach dem Krieg 1999 erklärte
       sich das Land 2008 von Serbien einseitig für unabhängig. Unter anderem
       Russland und China erkennen das nicht an, ebenso wenig Spanien und
       Griechenland sowie drei weitere EU-Staaten. Bis heute ist im Kosovo die
       „Sortierung“ nach vermeintlicher Herkunft von alltäglicher Bedeutung. Neben
       der albanisch-sprachigen Mehrheit gibt es überall im Land serbische
       Enklaven. Immer wieder kommt es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen.
       
       Vor allem die Minderheit der Roma hat unter Diskriminierungen zu leiden.
       Während die Arbeitslosigkeit insgesamt auf über 30 Prozent geschätzt wird –
       der größte Teil davon sind Jugendliche – liegt sie unter den Roma bei 99
       Prozent. Sie sind die Ärmsten im Land, wohnen dort, wo die Kommunen
       aufhören, die Straßen zu befestigen. Viele berichten von alltäglichen
       Beschimpfungen und wiederkehrenden Angriffen.
       
       In Deutschland sorgte Kosovo zuletzt für Schlagzeilen, weil in den
       Wintermonaten Zehntausende Kosovo-Albaner das Land verließen – wegen der
       schlechten Gesundheitsversorgung, der Perspektivlosigkeit und der Armut.
       Allen, die in den Kosovo zurück müssen, droht nach einer Abschiebung
       Obdachlosigkeit und bitterste Armut.
       
       „Natürlich hält sich der Sport insgesamt aus der Politik raus“, sagt Lars
       Unger, Projektleiter für das Spiel bei der Burdenski Events GmbH zur taz.
       Die Agentur des langjährigen Werder-Torwarts Dieter Burdenski hat das
       Testspiel der Kosovaren gegen Werder organisiert, ebenso wie ein Partie
       gegen Eintracht Frankfurt, die bereits am Dienstag stattfand und mit 0:0
       endete.
       
       Die Event-Agentur unterhalte seit Längerem Geschäftsbeziehungen in den
       Kosovo. „Wir wollen helfen, das Land voranzubringen“, so Unger. „Auch die
       Bundesregierung unterstützt ja den Kosovo, bis heute sind deutsche Soldaten
       im Land.“
       
       Das deutsche KFOR-Kontingent in Prizren umfasst aktuell 700 SoldatInnen.
       Seit 1999 hält die Mehrheit des Bundestags deren Einsatz im Kosovo für
       notwendig, was einige CSU-Politiker dennoch nicht davon abhielt, eine
       migrationspolitische Debatte über den Kosovo als „sicheren Herkunftsstaat“
       loszutreten – eine fatale Idee, mit der vor allem die Ausgrenzung der Roma
       pauschal negiert wird.
       
       Auch in migrationspolitischer Hinsicht also könnte das Spiel gegen Werder
       ein Beispiel sein: Für die Mannschaft des Kosovo spielen unter anderem Enis
       Alushi vom FC St. Pauli, Fanol Perdedaj von Energie Cottbus und Donis
       Avdijaj, der von Schalke 04 an Sturm Graz ausgeliehen wurde. JEAN-PHILIPP
       BAECK
       
       26 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jean-Philipp Baeck
       
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