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       # taz.de -- Edathy-Untersuchungsausschuss: Ziercke erinnert nichts
       
       > Der frühere BKA-Chef leidet vor dem Bundestag unter Gedächtnisschwund.
       > Von einer SMS Thomas Oppermanns weiß er nichts.
       
   IMG Bild: Jörg Ziercke hat anscheinend schlechtes Gedächtnis.
       
       BERLIN taz | Erinnerungslücken der Zeugen haben die Mitglieder des
       Edathy-Untersuchungsausschuss in den vergangenen Monaten wiederholt erlebt.
       Mit einem weiteren bemerkenswerten Fall von Gedächtnisschwund wurden die
       Abgeordneten am Mittwochabend konfrontiert: Jörg Ziercke, ehemaliger
       Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), sollte eigentlich über jene Tage im
       Februar 2014 aussagen, in denen Polizeibeamte die Wohnung von Sebastian
       Edathy durchsuchten und die Kinderporno-Vorwürfe an den damaligen
       SPD-Abgeordneten öffentlich wurden.
       
       Edathys Fraktionschef Thomas Oppermann soll damals versucht haben, den
       BKA-Präsidenten anzurufen. „Es hat damals kein Gespräch gegeben“, sagte
       Ziercke nun. Und eine SMS mit Bitte um Rückruf, von der Mitarbeiter des
       Polizeipräsidenten zuletzt berichtet hatten? „Ich kann mich nicht daran
       erinnern.“
       
       Eine Reihe offener Fragen des Untersuchungsausschusses bleibt damit bis auf
       Weiteres unbeantwortet. Es geht darum, ob Sebastian Edathy vor drohenden
       Ermittlungen gewarnt wurde, welche Rolle sein Fraktionschef dabei spielte
       und ob die SPD-Führung einen Informanten in der BKA-Spitze hatte.
       
       Unbestritten ist bisher eigentlich nur eines: dass Oppermann im Oktober
       2013 bei Ziercke anrief, um nachzufragen, ob Edathy wirklich Probleme mit
       der Polizei bevorstehen. Ziercke habe die Information bestätigt, schrieb
       der SPD-Fraktionschef vier Monate später in einer Pressemitteilung. Der
       BKA-Präsident widersprach, woraufhin sich Oppermann korrigierte: Der
       Polizeipräsident habe ihn in dem Telefonat nur angeschwiegen.
       
       ## Bitte um Rückruf
       
       Kurz zuvor soll Oppermann noch einmal versucht haben, Ziercke zu erreichen.
       Anlass zu diesem Verdachts gibt ein internes Dokument des BKA, das
       Mitarbeiter der Behörde Ende Februar 2014 für ihren Chef anfertigten. Der
       BKA-Präsident sagte damals im Innenausschuss des Bundestags zum Fall Edathy
       aus. Zur Vorbereitung stellte sein Stab eine Liste aller Gespräche
       zusammen, die Ziercke in der Angelegenheit geführt hatte. Für den 13.
       Februar ist darin ein Telefonat mit dem SPD-Fraktionschef verzeichnet.
       
       Ein BKA-Mitarbeiter klärte den Ausschuss in der vergangenen Woche darüber
       auf, wie es zu dem Eintrag kam: Am 12. Februar habe eine Mitarbeiterin aus
       Oppermanns Büro nach Feierabend beim BKA angerufen und um ein Gespräch mit
       Ziercke gebeten. Der BKA-Mann stellte die Anruferin nicht zu seinem Chef
       durch, schickte ihm aber eine SMS mit Bitte um Rückruf im Bundestag. Ob es
       dazu kam, wusste er nicht.
       
       Im Anschluss an die Aussage des BKA-Mitarbeiters kritisierten
       Ausschussmitglieder den ehemaligen Polizeipräsidenten. Vor zwei Monaten saß
       Ziercke nämlich schon einmal auf der Zeugenbank. Schon damals wurde er auf
       den Vermerk über ein mögliches Telefonat im Februar 2014 angesprochen; und
       schon damals bestritt er, ein zweites Mal mit Oppermann geredet zu haben.
       Dass der SPD-Fraktionschef zumindest versucht habe, ihn zu erreichen,
       erwähnte er damals aber nicht.
       
       Weil er sich nicht an eine entsprechende SMS erinnern konnte, rechtfertige
       sich Ziercke nun also. Eine Erklärung, die eine Reihe von
       Ausschussmitgliedern kaum glauben können: Als präzisen Beamten – mit einem
       ausgezeichneten Gedächtnis –, sagte Armin Schuster (CDU), habe er Ziercke
       während dessen Amtszeit stets wahrgenommen.
       
       26 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tobias Schulze
       
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