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       # taz.de -- Kommentar Rechtsextreme in Petersburg: Das Erbe des Sieges
       
       > Moskau läd ultrarechte Kräfte ein und schmiedet mit ihnen ein Bündnis
       > gegen die europäische Demokratie. Russlands Führung demontiert sich
       > damit.
       
   IMG Bild: Die „Heldenstadt“ Sankt Petersburg am Wochenende.
       
       Russland verteidigt sein historisches Erbe mit Zähnen und Klauen. Der Sieg
       im Großen Vaterländischen Krieg über Nazideutschland ist spätestens seit
       der Amtszeit Wladimir Putins der Dreh- und Angelpunkt des staatlichen
       Selbstverständnisses. Gleichzeitig dient er als identitätsstiftendes Band,
       das die atomisierte Gesellschaft Russlands zusammenhält. Man ist auch 70
       Jahre danach stolz darauf, was die Vorfahren unter hohem Blutzoll
       vollbracht haben.
       
       An diesem Erbe darf niemand rütteln. Wladimir Putin setzte gar eine
       Historikerkommission ein, die Abweichungen von der offiziellen Linie der
       Kriegsdarstellung ahnden und korrigieren soll. Interpretatorische
       Abweichungen können im Ernstfall strafrechtliche Konsequenzen nach sich
       ziehen.
       
       Dem Westen unterstellt der Kreml unterdessen, der glorreichen Sowjetunion
       den Triumph streitig machen und die Geschichte ex post facto aufs Neue
       schreiben zu wollen. Es ist einer der Vorwürfe, die Russland den Europäern
       und den USA immer wieder macht. Spätestens seit dem Krieg in der Ukraine
       hat das Methode. Dem Westen wird vorgehalten, was Russland selbst begeht.
       Es führt Krieg, stürzt Regime, greift geopolitisch aus und dergleichen
       mehr.
       
       Die Schuldfrage beschäftigt Russland seit Äonen. Sie wird auch immer gleich
       beantwortet: Verantwortung übernimmt Moskau für sein Handeln grundsätzlich
       nicht.
       
       ## Ein Zeichen von Angst und Schwäche
       
       Ist die Einberufung einer Konferenz von europäischen Rechtsextremisten an
       diesem Wochenende in der „Heldenstadt“ Sankt Petersburg auch ein Hinterhalt
       des Gegners? Moskau desavouiert sich selbst, wenn es in die Stadt der
       Hungerblockade ultrarechte Kräfte einlädt und mit ihnen ein Bündnis gegen
       die europäische Demokratie schmiedet.
       
       Geht es da noch um das antifaschistische Erbe, das der Kreml ständig
       beschwört, oder dient der Schulterschluss nicht der eigenen
       Herrschaftssicherung? Wie verstört müssen die Veteranen sein, die die
       Blockade überlebten? Wie wollen sie zwischen „guten“ und „bösen“ Faschisten
       unterscheiden? Die Obrigkeit hat sich für Zynismus entschieden. Ein Zeichen
       von Angst und Schwäche. Deswegen wurde das Event auch in den elektronischen
       Medien verschwiegen. Russlands Führung demontiert sich und das Erbe des
       Sieges selbst. Schuld werden wieder die anderen sein. Und am Ende ist
       Selbstzerstörung das Ergebnis.
       
       24 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus-Helge Donath
       
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