URI: 
       # taz.de -- Feierlichkeiten zur Krim-Annexion: Schwelgen in der Vergangenheit
       
       > Begeistert empfangen Tausende Moskauer Präsident Putin zur
       > Jubiliäumsfeier der Krim-Annexion. Der beschwört die Einheit Russlands.
       
   IMG Bild: Bedankte sich für „Konzentration“ und „Patriotismus“: Präsident Putin auf dem Roten Platz in Moskau.
       
       MOSKAU taz | Nach etwa 50 Minuten Konzert war es kurz vor sechs dann
       endlich soweit. Präsident Wladimir Putin betrat die Bühne am Roten Platz in
       Moskau und eine Welle der Begeisterung erfasste die Zuschauer. Offiziell
       sollen etwa 100.000 Besucher zur Jubiläumsfeier der Krim-Annexion vor einem
       Jahr erschienen sein. Tatsächlich dürften es weniger gewesen sein.
       
       Rund drei Minuten hatte er für das Volk, dem er für „Konzentration“ und
       „Patriotismus“ dankte, die sie bei der Heimholung der Krim an den Tag
       gelegt hätten. „Es geht ja nicht nur um Territorium, wovon wir ohnehin
       genug haben, sondern um die Ursprünge“, sagte Putin. Russland hätte vor
       einem Jahr verstanden, dass ein Staatswesen nicht ohne Band zwischen
       Generationen und Zeitläuften auskäme.
       
       Der Kremlchef beschwor die Einheit und Geschlossenheit der Nation, pries
       die geistige und moralische Stärke der Russen und wandte sich mit dem Rat
       an den Westen. „Wir werden die Schwierigkeiten überwinden, die wir uns
       immer selbst machen und die man uns von außen bereitet“, sagte Putin. Dafür
       erhielt er viel Beifall. Nicht nur für den antiwestlichen Zungenschlag.
       
       Dass sich Russland Probleme selbst schafft, wenn es eigentlich keine haben
       müsste, ist ein geflügeltes Wort in Russland. Wann wenn nicht jetzt wäre es
       angebrachter. Der Kremlchef stimmte noch die Nationalhymne an und
       verschwand dann hinter der Bühne. Weit hatte er es nicht in den Kreml. Auch
       der Ort des Attentats an dem Oppositionellen Boris Nemzow war nur einen
       Steinwurf von der Bühne entfernt. Die Polizei hatte die Stätte des
       Gedenkens, an der immer noch Blumen niedergelegt werden, vor dem Ansturm
       der Massen abgeschirmt.
       
       Auf der Bühne traten vor allem Künstler auf, die sich durch besondere Nähe
       zu Kreml und Chauvinismus in der Vergangenheit hervorgetan hatten. Auch
       Wladimir Putins Rockerfreund mit Spitznamen „Chirurg“ von den „Nachtwölfen“
       meldete sich mit einem Beitrag zu Wort. Für ihn sei die Heimführung der
       Krim „die zweite Taufe Russlands“ gewesen.
       
       Alles in allem war es eine Veranstaltung, die in der Vergangenheit
       schwelgte. Mythen wurden beschworen und imaginäre Feinde erlegt,
       Wirklichkeit ausgespart. Nicht alle Teilnehmer feierten anscheinend aus
       freien Stücken. Staatliche Verwaltungen hatten ihre Mitarbeiter zum
       Mitfeiern motiviert. Alle zwischen 14 und 75 Jahren, die man nicht anders
       anwerben konnte, erhielten für die Teilnahme 350 Rubel (5,50 Euro).
       Zentrale Sammelstellen an der Metro waren dafür eingerichtet worden. Auf
       einigen Plakaten las man: „Obama, pass auf Alaska auf.“
       
       18 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus-Helge Donath
       
       ## TAGS
       
   DIR Moskau
   DIR Wladimir Putin
   DIR Russland
   DIR Krim
   DIR Ukraine
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Amnesty International
   DIR Russland
   DIR Propaganda
   DIR Frank-Walter Steinmeier
   DIR Wladimir Putin
   DIR Minsk II
   DIR Ukraine
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Amnesty International zur Krim: Angriffe auf Pressefreiheit
       
       Ob Tartaren-Zeitung oder Kindersendung: Medien auf der besetzten Krim sind
       einer faktischen Vorzensur durch die russischen Behörden ausgesetzt.
       
   DIR Autorin über die russische Gesellschaft: „Man kommt sich verdächtig vor“
       
       Die Krim-Annexion hat in der russischen Gesellschaft Spuren hinterlassen.
       Die Autorin Alissa Ganijewa über Denunziation und Freundschaft.
       
   DIR Kommentar Film über Krim-Besetzung: Putins Prawda
       
       Der russische Präsident tritt wieder öffentlich auf und redet Klartext über
       die Krim. Die imperiale Lüge ist nun wirklich nicht mehr zu übersehen.
       
   DIR Besuch des ukrainischen Präsidenten: Steinmeier mahnt Reformen an
       
       Am Jahrestag des Krim-Referendums besucht Poroschenko Berlin. Er möchte
       einen härteren Kurs gegen Russland. Steinmeier sicherte Hilfe zu, forderte
       aber auch.
       
   DIR Regierung und Opposition in Russland: Mafia in Moskau
       
       Die willkürliche Gewalt in Russland erreicht mit dem Nemzow-Mord eine neue
       Qualität. Das Land entwickelt sich zu einer Diktatur der reinen
       Selbsterhaltung.
       
   DIR Konflikt in der Ukraine: Separatisten ziehen Waffen ab
       
       Der ukrainische Präsident bestätigt die Abrüstung auf beiden Seiten.
       US-Präsident Obama und EU-Ratspräsident Tusk betonen, wie wichtig das
       Minsker Abkommen ist.
       
   DIR Dokumentation mit Putin zur Krim: Präsident spricht über Annexion
       
       In einer Fernsehdokumentation äußert sich Putin erstmals offen zur Annexion
       der Krim. Es sei sein Plan gewesen, „die Krim zurück zu Russland zu holen.“