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       # taz.de -- Fluss ohne Zukunft: Kampf um die Ems entschieden
       
       > Niedersachsens Landesregierung und Landkreis Leer erzielen Einigung über
       > den Masterplan Ems. Damit wird das Gewässer aber nicht gerettet.
       
   IMG Bild: Totes Gewässer mit drei Buchstaben: Ems.
       
       LEER taz | Der Kreistag von Leer wird eine Woche später als geplant über
       den umstrittenen Masterplan Ems abstimmen. Kurz vor der endgültigen
       Abstimmung nahmen Ministerpräsident Stefan Weil (SPD) und der Leeraner
       Landrat Bernhard Bramlage letzte „Klärungen“ am vermeintlichen Rettungsplan
       der Ems vor. Bei den Verhandlungen ging es aber nicht um Veränderungen an
       den umstrittenen, fachlichen Maßnahmen zur Wiederbelebung des toten
       Flusses, sondern nur um verwaltungsjuristische „Unklarheiten“ und um ein
       Entgegenkommen gegenüber den Leeraner Landwirten.
       
       Das Vertragswerk hat das Ziel, die Wasserqualität der Ems bis zum Jahr 2050
       zu verbessern. Gleichzeitig soll die Meyer Werft in Papenburg den Fluss
       weiterhin für die Überführung ihrer Kreuzfahrtschiffe in Richtung Nordsee
       nutzen können. Damit der [1][Masterplan] in Kraft treten kann, fehlt nur
       noch die Unterschrift des Landkreises Leer.
       
       Gegenüber der taz signalisierte die Meyer Werft Zustimmung zu den
       „Klärungen“: „Bei uns klingeln keine Alarmglocken“, sagte Pressesprecher
       Günther Kolbe. Auch die Naturschutzverbände geben grünes Licht. Wilhelm
       Bodenstein-Dressler, Geschäftsführer des niedersächsischen [2][BUND] sagte:
       „Der BUND hat keine Bedenken.“ Doch Bürgerinitiativen und Aktivisten vor
       Ort sprechen von Kungelei: „Fachlich bringen die Klärungen nichts. Der
       Masterplan kann die Ems nichts retten.“
       
       Leer ist das letzte Mitglied des sogenannten Lenkungskreises des
       Masterplanes, das dem gesamten Projekt noch nicht zugestimmt hat. Dies
       sollte am gestrigen Montag geschehen, doch der Termin wurde abgesagt.
       Landrat Bramlage möchte erst seine Kollegen im Kreistag von seinen
       Aktivitäten vom Wochenende berichten.
       
       Der Masterplan war in seinem Exekutivorgan – dem Lenkungskreis – zwischen
       Landesregierung, Wasser- und Schifffahrtsbehörden, den Landkreisen Emsland
       und Leer, der Stadt Emden, den Naturschutzverbänden WWF, BUND und NABU
       sowie der Meyer Werft entwickelt worden, um einem
       Vertragsverletzungsverfahren durch die EU Kommission zu entgehen. Die hatte
       vor 15 Jahren die Wasserrahmenrichtlinie erlassen. Danach darf kein
       Eingriff in ein Gewässer den Zustand des Wasserkörpers verschlechtern. An
       der Ems wurde diese Richtlinie jahrelang missachtet. Bis Ende März muss das
       Land Niedersachsen den Masterplan vorlegen, sonst droht ein
       Vertragsverletzungsverfahren der EU. Die Folge wären Strafzahlungen in
       Millionenhöhe.
       
       Damit die Papenburger Meyer Werft ihre überdimensionierten
       Kreuzfahrtschiffe durch die flache und schmale Ems an die Nordsee bugsieren
       konnte, wurde der Fluss seit den 1970er Jahren ausgebaggert und begradigt
       und so systematisch zerstört, Millionen Euro Steuern verschwanden im
       Emschlick, der Fluss birgt bei Hochwasser Gefahren für die Deichsicherheit.
       
       Der Masterplan, offiziell ein Sanierungsplan für die Ems, war möglich
       geworden, weil sich Umweltverbände und Meyer Werft zu einer
       Interessensgemeinschaft zusammenschlossen. Sie nannten das den
       „Generationenvertrag“. Ziel dieses Vertrages war es, der Werft die
       Schiffsüberführungen zu sichern und trotzdem Wiederbelebungsversuche an dem
       Fluss zu versuchen. Dafür kündigten die Naturschutzverbände einen
       jahrelangen Konsens mit den Umweltschützern vor Ort auf. Sie forderten
       nicht länger den Umzug der Werft ins 30 Kilometer entfernte Emden an die
       tiefe Nordsee.
       
       Aus der Kooperation zwischen WWF, BUND und Nabu sowie der Meyer [3][Werft]
       ergab sich schließlich unter der Schirmherrschaft der Landesregierung der
       Masterplan. Daran hatte der Landkreis Leer mitgearbeitet. Vor der finalen
       Abstimmung bekam Leer offensichtlich kalte Füße und forderte
       Nachverhandlungen. „Am Text des Masterplanes ändert sich nichts, aber jetzt
       gibt es ’Klärungen’. Damit können wir den Abgeordneten eine Zustimmung zum
       Masterplan vorschlagen“, heißt es aus dem Landkreis.
       
       Die „Klärungen“ betreffen im Wesentlichen vier Bereiche: Die Befugnisse des
       Lenkungskreises werden eingeschränkt; die Bauern des Landkreises werden
       durch den Flächenverbrauch der Sanierungsmaßnahmen nicht belastet; ein
       parallel zum Masterplan entstehender Integrierter Bewirtschaftungsplan
       (IBM) der Ems bekommt nicht wie vorgesehen eine Bedeutung für den
       Masterplan – er liegt nämlich noch gar nicht vor; der Masterplan endet 2050
       und kann vorzeitig, ab 2030 – auch gekündigt werden.
       
       Die formalen Bedenken seien damit vom Tisch, der Landrat könne dem Kreistag
       eine Annahme vorschlagen, heißt es aus der Kreisverwaltung. Umweltschützer
       blieben bei ihrer Einschätzung, dass der Masterplan sehr viel Geld kosten
       wird, die Ems aber nicht retten kann.
       
       16 Mar 2015
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.landkreis-leer.de/Wirtschaft-Bauen/Masterplan-Ems
   DIR [2] http://www.bund-niedersachsen.de/service/bundmagazin/32014/fluss_renaturierung_masterplan_ems_in_sichtweite/
   DIR [3] http://www.meyerwerft.de/de/meyerwerft_de/medien/presseticker/pressemitteilung_detail_19982.jsp
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Thomas Schumacher
       
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