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       # taz.de -- Grüne Alternative zu Kühlschränken: Kühlen mit Sonne
       
       > In vielen Entwicklungsländern ist die Stromversorgung schlecht und Kälte
       > rar. Ein Berliner Start-up will ein Gerät entwicklen, das Hitze zum
       > Kühlen nutzt.
       
   IMG Bild: Sie brauchen alle Strom
       
       BERLIN taz | Nicht nur viele Lebensmittel, sondern auch Medikamente müssen
       kühl gelagert werden. Arzneien verlieren sonst ihre Wirksamkeit. Doch in
       heißen Regionen ohne viel Infrastruktur ist das oft ein Problem. Eine
       Lösung könnte nun ein Kühlschrank sein, den die Wirtschaftsingenieurin
       Julia Römer mit ihren Kollegen in Berlin entwickelt hat. „Coolar“, so heißt
       das neue Gerät, soll vor allem in Entwicklungsländern eingesetzt werden.
       
       „Das Kühlsystem basiert auf nanoporösen Silicagel-Kügelchen“, erklärt Römer
       das Prinzip. Es arbeitet mit Verdunstungskälte: Eine auf dem Hausdach
       installierte Solarthermieanlage erzeugt Warmwasser. Das versorgt den
       Kühlschrank über eine Leitung mit Wasserdampf.
       
       „Wir kennen die Technik vom Schwitzen. Wasser verdunstet, um den Körper
       abzukühlen“, sagt Sven Teske von Greenpeace, der selbst Ingenieur ist. Seit
       Jahren begutachtet die Umweltschutzorganisation ähnliche Geräte – sie
       müssen schadstoffarm sein und dürfen ausschließlich CO2-neutrale
       Wärmequellen anzapfen.
       
       Coolar arbeitet mit dem wasseranziehenden Silicagel. Während des Ersten
       Weltkriegs wurde es als Adsorptionsmittel zum Binden von Dämpfen und Gasen
       patentiert. Es wird auch als Trockenmittel eingesetzt – beispielsweise in
       Papiertütchen oder Kissen, die feuchtigkeitsempfindlichen Warensendungen
       beiliegen.
       
       ## Demomodell im Tesbetrieb
       
       In dem Kühlschrank soll es dafür sorgen, dass sich möglichst viel
       Wasserdampf schnell ansammelt. Ziel ist, dass anschließend beim
       Verdunstungsvorgang Kälte entsteht. Als Kieselgel ist das Mineral schon
       seit dem Jahr 1640 bekannt, also keineswegs neuartig. Aber die Idee, die
       Kügelchen in Kombination mit Kühlschränken einzusetzen, sei durchaus
       „innovativ“, findet Greenpeace-Experte Teske.
       
       Seit Ende 2014 läuft ein Demonstrationsmodell des Kühlschranks im
       Testbetrieb, die Ergebnisse seien „vielversprechend“, sagt Römer. Als
       Nächstes möchte sie daher fünf Prototypen bauen, um diese im Südpazifik zu
       testen, wo laut Schätzungen der Vereinten Nationen 70 Prozent der
       Inselbewohner keinen Zugang zu Strom haben.
       
       Als Partner hat das Team dafür das Sekretariat des Pazifischen
       Umweltprogramms SPREP gewonnen. Diese von mehreren Staaten getragene
       Organisation wurde vor über dreißig Jahren zum Schutz der natürlichen
       Ressourcen in der Pazifikregion gegründet. Sie unterstützt und koordiniert
       Projekte zum Thema Klimawandel und ökologische Vielfalt auf den zahlreichen
       Inselgruppen.
       
       Wenn es nach der Ingenieurin geht, soll ihre Idee jedoch irgendwann den
       Bereich der humanitären Hilfe verlassen und auch in Industrieländern „eine
       grüne Alternative zu herkömmlichen Kühlschränken bieten“. Zunächst
       konzentriere man sich aber auf ein anderes Problem. „Die Finanzierung der
       Arbeit unserer Teammitglieder ist ein wichtiger nächster Schritt“, sagt die
       Coolar-Erfinderin.
       
       Update: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, eine auf dem
       Hausdach installierte "Photovoltaikanlage" erzeuge Warmwasser. So werde der
       Kühlschrank über eine Leitung mit Wasserdampf versorgt. Es handelt sich
       dabei aber um eine Solarthermieanlage. Wir haben den Fehler korrigiert und
       bitten, dies zu entschuldigen.
       
       19 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Segal
       
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