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       # taz.de -- Schüsse auf Polizei in Ferguson: Verdächtiger in Haft
       
       > Ein 20-jähriger Schwarzer soll auf die beiden Polizisten geschossen
       > haben. Er gehört offenbar nicht zur Protestbewegung in Ferguson.
       
   IMG Bild: Staatsanwalt McCulloch teilt mit, dass der Verdächtige gestanden habe
       
       NEW YORK taz | Ein 20-Jähriger aus Ferguson ist am Sonntag wegen
       Körperverletzung in zwei Fällen inhaftiert worden. Staatsanwalt Robert
       McCulloch berichtete in einer Pressekonferenz, der junge Mann habe die
       Schüsse gestanden, die in der vergangenen Woche zwei Polizisten verletzt
       hatten. Allerdings habe er im Verhör auch gesagt, dass er nicht auf die
       Polizisten, sondern auf andere Leute gezielt habe, die versucht hätten, ihn
       auszurauben. Der Staatsanwalt erklärte dazu: „Wir wissen nicht, ob wir das
       glauben sollen.“
       
       Der 20-Jährige, dessen Polizeibild und voller Name umgehend nach seiner
       Festnahme durch sämtliche US-Medien gingen, ist Afroamerikaner. Er ist
       wegen Hehlerei vorbestraft und war auf Bewährung auf freiem Fuss. Aus
       Polizeikreisen im St. Louis County verlautete, er sei ein „Demonstrant“
       gewesen. Doch der Staatsanwalt erklärte auch, dass zwischen dem Schützen,
       der aus einem Wagen geschossen haben soll, und den getroffenen Polizisten
       Zivilisten gestanden hätten.
       
       Ferguson war im vergangenen August in die Schlagzeilen geraten, als dort
       ein weißer Polizist einen unbewaffneten schwarzen Teenager auf offener
       Straße erschossen hatte. Seither haben BürgerrechtlerInnen in der Vorstadt
       von St. Louis in Missouri beinahe täglich gegen Polizeigewalt und Rassismus
       demonstriert. Am Sonntag erklärten zahlreiche BürgerrechtlerInnen, dass sie
       den beschuldigten jungen Mann nicht kennen würden.
       
       Bischof Derrick Robinson, der in den zurückliegenden Monaten fast jeden Tag
       auf der Straße war, besuchte den Inhaftierten am Sonntag im Gefängnis.
       Anschließend erklärte der Bischof in Interviews, er habe den jungen Mann
       lediglich einmal zuvor gesehen: bei einem „Kirchenereignis“, nie jedoch bei
       Protesten. Der junge Mann habe ihm bestätigt, dass er nicht zu der
       Protestbewegung gehöre. Nach dem Treffen berichtete der Bischof darüber
       hinaus, dass der Inhaftierte von der Polizei geprügelt worden sei und
       zahlreiche Blutergüsse an Brust und Oberkörper habe.
       
       ## DemonstrantInnen als Ziel?
       
       Auch aus der traditionellen schwarzen Bürgerrechtsorganisation NAACP und
       aus verschiedenen in den letzten Monaten in Ferguson entstandenen neuen
       Bürgerrechtsgruppen wurde verlautbart, dass der junge Mann dort unbekannt
       sei.
       
       Die beiden Polizisten waren kurz nach Mitternacht in der Nacht zum
       Donnerstag in einer Demonstration vor der Polizeiwache in Ferguson
       angeschossen worden: der eine im Gesicht, der andere an der Schulter. Das
       geschah am Ende der Demonstration, als zahlreiche Teilnehmer bereits nach
       Hause gingen. Am Morgen nach den Schüssen erklärten DemonstrantInnen, dass
       sie das Gefühl gehabt hätten, sie wären das Ziel der Kugeln gewesen. Die
       beiden Polizisten konnten noch am Donnerstag das Krankenhaus verlassen.
       
       Nach den Schüssen haben BürgerrechtlerInnen in Ferguson Mahnwachen für die
       verletzten Polizisten abgehalten und gebetet. Zugleich haben sie ihre
       Proteste gegen den rassistischen Verwaltungs- und Polizeiapparat in der
       21.000 EinwohnerInnen-Stadt fortgesetzt. Zwei Drittel der
       StadtbewohnerInnen sind schwarz, aber der Verwaltungsapparat ist fast
       komplett weiss. Die schwarzen BewohnerInnen der Stadt beklagen
       systematische rassistische Schikanen, unter anderem bei Verkehrskontrollen.
       
       ## Rassistische Verwaltung
       
       Anfang März hat ein Untersuchungsbericht des Justizministeriums in
       Washington diese Klagen offiziell bestätigt. Der Bericht des Ministeriums
       bescheinigt der Stadtverwaltung, Gemeindejustiz und Polizei rassistische
       Voreingenommenheit. Er stellt außerdem fest, dass sich die Stadtverwaltung
       von Ferguson zu einem beträchtlichen Teil aus Strafmandaten gegen die
       schwarzen BewohnerInnen finanziert.
       
       Seit der Veröffentlichung des Berichts erlebt Ferguson, dessen
       AmtsträgerInnen sieben Monate lang behauptet hatten, es gäbe keine
       rassistischen Missstände, eine Rücktrittswelle. Unter anderem sind bislang
       der Gemeinde-Richter, der City-Manager und der Polizeichef gegangen. Den
       DemonstrantInnen reicht das nicht. Sie verlangen, dass auch James Knowles,
       der Bürgermeister von Ferguson sein Amt niederlegt. Bislang jedoch
       verweigert dieser jedoch den Rücktritt.
       
       16 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
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