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       # taz.de -- Videoüberwachung beim Gebet: In der Kirche hat es sich ausgedreht
       
       > Die Basilika St. Clemens in Hannover muss ihre Videokameras abschalten.
       > Nach dem Gottesdienst bleiben die Pforten nun dicht.
       
   IMG Bild: Verboten: die Überwachungskameras in der Basilika St. Clemens in Hannover
       
       HAMBURG taz | Das Bistum Hildesheim hat die Videoüberwachung in der
       katholischen Basilika St. Clemens in Hannover verboten. Die Kirche hatte
       sich für die Überwachung entschieden, um Diebe abzuschrecken. Nun wollen
       sie künftig die Türen außerhalb der Gottesdienste abschließen.
       
       Lutz Grammann, der Datenschutzbeauftragte des Bistums Hildesheim,
       kritisierte den Umgang mit der Privatsphäre der Kirchenbesucher. Er hatte
       nach einem Besuch in der Kirche das Verbot der Überwachungsanlage
       veranlasst. Ihm zufolge waren zuletzt fünf Kameras in der Basilika
       installiert gewesen, eine an der Orgel hinter dem Altar.
       
       „Man konnte eigentlich gar nicht mehr beten, ohne dabei beobachtet zu
       werden“, sagte Grammann. Man müsse sich davor schützen, zu einer
       Überwachungsgesellschaft zu werden. „Untersuchungen belegen außerdem
       deutlich, dass Videoüberwachung nichts nützt“, sagte er. Immerhin seien die
       Kirchenbesucher mit einem Schild auf die Überwachung in der Kirche
       hingewiesen worden.
       
       ## Schutz vor Diebstählen
       
       Die Basilika St. Clemens setzte bereits seit den 90er-Jahren auf
       Videoüberwachung – zum Schutz vor Diebstählen und Vandalismus, sagte Marie
       Kleine, Pressesprecherin des Bistums in Hannover. Während der Gottesdienste
       seien die Kameras allerdings immer abgeschaltet worden.
       
       Bevor die Kameras angebracht wurden, sei es immer wieder zu Diebstählen und
       Sachbeschädigungen gekommen. Als dann 2012 der Tabernakel, also der
       Aufbewahrungsort der Hostien, geschändet wurde, hatte die Polizei dazu
       geraten, die Überwachungsanlage mit den fünf Kameras zu erneuern. 2014 habe
       man die Überwachungsanlage dann entsprechend ausgebaut.
       
       Zur Überführung etwaiger Täter hat die Videoüberwachung in all den Jahren
       bisher allerdings nicht beigetragen. Sie diene laut Kleine also vor allem
       der Abschreckung. Das Bewusstsein für das Thema Datenschutz sei aber auch
       innerhalb der Kirche zunehmend geschärft worden. „Man möchte ja selbst nur
       so wenig wie möglich eingreifen müssen“, sagte Kleine.
       
       Dass die Türen der Basilika in Hannover nun außerhalb der Gottesdienste
       abgeschlossen werden, soll nur eine Übergangslösung sein. Eine mögliche
       Option sei laut Kleine auch, die Kameras anders zu positionieren.
       
       Rechtlich gesehen sind die Kirchen in Sachen Datenschutz und
       Videoüberwachung weitestgehend autonom. „Für die Kirchen gilt das
       niedersächsische Datenschutzgesetz nicht“, erklärte Michael Knaps,
       Pressesprecher des niedersächsischen Datenschutzbeauftragten. Als
       rechtliche Grundlage gilt hier die kirchliche Datenschutzordnung (KDO).
       
       Die Kirchen gehen mit Diebstahl und Vandalismus unterschiedlich um. Manche
       schließen nach dem Gottesdienst ab, andere setzen auf Überwachung mit
       Videokameras und wiederum andere bieten außerhalb der Gottesdienste
       Führungen an.
       
       Bei evangelischen Kirchen stelle sich die Frage nach Videoüberwachung
       nicht, sagte Johannes Neukirch, Pressesprecher der evangelischen
       Landeskirche Hannover. Viele Kirchen schließen ihre Türen außerhalb der
       Gottesdienste. Es gebe aber zu festen Öffnungszeiten einen Kirchenvorsteher
       vor Ort, Kameras seien also überflüssig, sagte Neukirch. „Mir ist kein
       einziger Fall einer überwachten evangelischen Kirche bekannt.“
       
       13 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Fabian Lichter
       
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