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       # taz.de -- Kommentar Blockupy: Schafe zählen
       
       > Mit Protesten will das Blockupy-Bündnis am Mittwoch das Frankfurter
       > Stadtleben lahmlegen. Das wollte es schon oft. Diesmal ist es soweit.
       
   IMG Bild: Entsprechen nicht dem klassischen Aktivistentypus: Schafe im Nebel.
       
       Es gibt eine Technik, die vielen Menschen dabei hilft, am Abend schneller
       einzuschlafen: Sie lehnen sich zurück, schließen die Augen und dann
       beginnen sie, Schafe zu zählen. Und es gab eine Zeit, da schliefen so
       einige Menschen fast im Stehen ein, wenn sie das Wort „Blockupy“ hörten.
       
       Seit drei Jahren arbeitet dieses Bündnis in Frankfurt daran, die deutsche
       Wahrnehmung für die europäische Krisenpolitik zu erhöhen. Das ist zunächst
       einmal zutiefst berechtigt. Die schleichend ausgebauten Machtbefugnisse,
       mit der im Laufe der europäischen Finanzkrise die Europäische Union gerade
       die undemokratischsten ihrer Behörden ausstatteten, sind nicht nur in der
       Theorie ein ernstes Demokratieproblem.
       
       Es sollte, eigentlich, gerade nicht einschläfernd sein, sich mit dieser
       sehr grundlegenden Frage zu beschäftigen. Das Blockupy-Bündnis versucht
       seit drei Jahren, diesen Wachsamkeitsmodus zu erzeugen.
       
       Das war keineswegs durchgäng erfolgreich, dafür gibt es Gründe. Das Bündnis
       hat sich dermaßen auf die europäische Vernetzung – und auch auf so manche
       leichte Parole – fokussiert, dass es für viele gesellschaftlichen Gruppen
       innerhalb der Bundesgrenzen keine politischen Anknüpfungspunkte gab. Auch
       heute haben zahlreiche relevante Graswurzelgruppen und alternative
       politische Zusammenhänge noch nicht eingesehen, wieso sie kommende Woche
       nach Frankfurt fahren sollten. In Frankfurt? Da kann man nur Schafe zählen.
       
       ## Wachsamkeitsmodus? Erzeugt!
       
       Das ist eine grobe Fehleinschätzung. Und einiges spricht dafür, dass diese
       Einschätzung in der kommenden Woche seine Gültigkeit verliert. Erstens sind
       wichtige symbolische Erfolge bereits im Kasten: Die EZB rät ihren
       Mitarbeitern, am Mittwoch am besten zu Hause zu bleiben. Deren ursprünglich
       geplante Feier fällt maximal klein aus. Der EZB-Chef darf kurz vor solchen
       Leuten etwas sagen, die an dem Tag ohnehin da wären – dann halten noch
       Frankfurts sozialdemokratischer Oberbürgermeister und Hessens grüner
       Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir eine Rede. Das wird die Feier gewesen
       sein.
       
       Auf den Straßen unterdessen, davon ist auszugehen, dürfte diesmal
       wesentlich mehr los sein als bei den Blockupy-Vorläufern in den Vorjahren.
       Nach den Wahlerfolgen von Syriza in Griechenland wittern die Aktivisten
       ihre Chance auf einen echten – und vorerst wohl auch letzten –
       Auftrumpftermin in Frankfurt.
       
       Dabei sind die Frankfurter Polizei und das Blockupy-Bündnis längst nicht
       mehr die einzigen Akteure. Der Deutsche Gewerkschaftsbund in Hessen lädt zu
       einer Demonstration ein und verschiedene, teils militante Gruppen
       mobilisieren. Es gibt in Frankfurt kaum einen Menschen, der dazu keine
       Meinung hat. Wachsamkeitsmodus? Erzeugt.
       
       Das ist, politisch, eine gute Nachricht. Die rituelle Politik, mit der
       Europas Regierungen, aber auch bisweilen ihre Gegner im Protesttheater zur
       allgemeinen Ermüdung beitragen, sind der Sachlage unangemessen. Ob der
       kommende Mittwoch darauf wirklich eine Antwort gibt, ist offen. Klar ist
       hingegen: Einschläfernd wird das nicht.
       
       12 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martin Kaul
       
       ## TAGS
       
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