URI: 
       # taz.de -- Edathy-LKWs auf der Staße: Der rollende Pranger
       
       > Ein Unternehmen hetzt auf zwei seiner LKW gegen die Einstellung des
       > Edathy-Verfahrens. Lob kommt von allen Seiten. Zu Unrecht.
       
   IMG Bild: Sebastian Edathy vor dem Landgericht Verden.
       
       BERLIN taz | Fröhliche Schweine, die für schlechtes Fleisch werben, sind
       auf LKWs keine Seltenheit. Halbnackte Frauen auch nicht. Die Spedition und
       Baustofffirma Stegemöller aus dem nordrhein-westfälischen Kamen verzichtet
       bei zwei ihrer Wagen nun auf Werbung und sendet stattdessen politische
       Botschaften.
       
       „Da kann #E...y ja froh sein, dass er nur Kinderpornos heruntergeladen hat
       und keine Musik. Sonst hätten sie ihn ja richtig drangekriegt!“ In großen
       roten Buchstaben dahinter: „Schämt euch was“. Ein zweiter Spruch lautet:
       „Kinderpornodownload: 5000,– …Opfer haben Lebenslänglich“. Zu sehen sind
       die Botschaften seit Montag auf zwei LKW-Aufliegern meist auf den Strecken
       zwischen Sauerland und Niederrhein.
       
       Die Geschäftsführerin Nadine Stegemöller sagte der [1][Dortmunder Zeitung
       Ruhr Nachrichten], es gebe zu der Aktion bisher „durchweg positive
       Reaktionen“ und erklärt weiter, die Firma habe schon lange etwas gegen
       Kinderpornografie machen wollen, und nun sei die Zeit dafür gewesen. Vater
       Rudi Stegemöller räumt ein, sie seien ja keine Richter, wollten die
       Gesellschaft aber wachrütteln.
       
       [2][Die Bild–Zeitung schreibt von einer „Kampfansage“] und einem
       „ehrlichen“ Protest. Einzige Kritik, die an das Unternehmen herangetragen
       wird, ist der Vorwurf der Werbung. Die Stegemöllers argumentieren mit ihrem
       langjährigen Engagement. Tatsächlich wurden ihre Fahrzeuge schon oft mit
       gesellschaftlichen Statements bestückt. In diesem Fall aber richtet es sich
       gegen eine Person.
       
       Unterdessen findet eine
       [3][//www.openpetition.de/petition/online/widerspruch-gegen-die-einstellung
       -des-verfahrens-edathy:Onlinepetition gegen das Edathy-Urteil] 200.000
       Unterzeichner. Wer bei Google „Edathy“ und ein „K“ eingibt, bekommt den
       Vorschlag „Edathy kastrieren“ angezeigt. In den Sozialen Medien kursieren
       Morddrohungen, Aufrufe zu Selbstjustiz, unpassende Vergleiche zwischen
       Edathy und Marco Reus. Der BVB-Spieler musste wegen Fahrens ohne
       Führerschein 540.000 Euro zahlen, Sebastian Edathy dagegen nur 5.000 für
       das Herunterladen von Kinderpornografie. Die juristischen Argumente hinter
       diesen Entscheidungen spielen bei vielen Diskussionen kaum eine Rolle.
       
       Die Kamener Stegemöllers zeigen sich derweil „geplättet“ von den
       zahlreichen positiven Reaktionen. Die Bilder der LKW-Auflieger wurden in
       den Online-Netzwerken knapp 100.000 mal geteilt, rund 75.000 Daumen gehen
       nach oben. Übersehen wird jedoch, dass hier jemand, der nach deutschem
       Rechtsverständnis als straffrei gilt, an den Pranger gestellt wird. An
       einen rollenden Pranger, den täglich viele Menschen sehen werden. Das
       Unternehmen lässt Edathy damit keine Chance, aus der Öffentlichkeit zu
       verschwinden.
       
       Das Herumfahren von Edathy-Schmähungen hilft dem Kinderschutz zudem wenig.
       Stattdessen werden die Rufe nach Lynchjustiz und einer vorschnellen
       Verurteilung von Pädophilen lauter. Edathys Gegner haben nicht verstanden,
       dass das strafbare und unmoralische Verhalten eines Mannes nicht die eigene
       Unmoral rechtfertigt. Der Anstand, der Edathy von vielen Seiten
       abgesprochen wird, hat auch bei seinen selbsternannten Feinden keinen
       Platz.
       
       11 Mar 2015
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.ruhrnachrichten.de/nachrichten/vermischtes/aktuelles_berichte/Kamener-Unternehmen-Unmut-ueber-Edathy-Urteil-faehrt-durch-NRW;art29854,2646827
   DIR [2] http://www.bild.de/regional/ruhrgebiet/ruhrgebiet/lkw-mit-politischer-botschaft-40075918.bild.html
   DIR [3] http://https
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hanna Voß
       
       ## TAGS
       
   DIR Selbstjustiz
   DIR Moral
   DIR Kinderpornografie
   DIR Sebastian Edathy
   DIR CDU
   DIR Jörg Ziercke
   DIR Kinderporno-Verdacht
   DIR Landwirtschaft
   DIR ZDF Neo
   DIR Bundestag
   DIR Kinderporno-Verdacht
   DIR Kinderpornografie
   DIR Kinderporno-Verdacht
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Nachspiel in der Edathy-Affäre: CDU vermutet politische Intrigen
       
       Die Ermittlungen gegen den Sebastian Edathy wurden absichtlich verschleppt,
       sagt der CDU-Obmann im U-Ausschuss. Das Justizministerium sieht es anders.
       
   DIR Edathy-Untersuchungsausschuss: Ziercke erinnert nichts
       
       Der frühere BKA-Chef leidet vor dem Bundestag unter Gedächtnisschwund. Von
       einer SMS Thomas Oppermanns weiß er nichts.
       
   DIR SPD-Chef Sigmar Gabriel über Edathy: Geh bitte!
       
       Nach der Meinung von Gabriel hat Edathy zu wenig Reue im
       Kinderporno-Prozess gezeigt. Er drängt ihn zum Parteiaustritt. Die Union
       findet das „hilflos“.
       
   DIR CSU-Politiker Christian Schmidt: Das unsichtbare Kabinettsmitglied
       
       Agrarminister Christian Schmidt fiel bisher kaum auf. Und die einzigen
       handfesten Projekte des CSU-Politikers werden heftig kritisiert.
       
   DIR Die Gesellschaftskritik: Armes Deutschland
       
       Hans Meiser spielt im ZDF Neo Magazin den Wutbürger, der Deutschland nicht
       versteht – und wir lachen. Was sagt uns das?
       
   DIR Union im Edathy-Ausschuss: Finger weg von heißen Eisen
       
       Der Prozess ist vorbei, der Untersuchungsausschuss tagt weiter. Dort haben
       sich CDU und CSU noch nicht für einen klaren Kurs entschieden.
       
   DIR Prozess gegen Sebastian Edathy: Kinderschutzbund will kein Geld
       
       Das Verfahren gegen Edathy wurde eingestellt, er soll 5.000 Euro an den
       Kinderschutzbund zahlen. Der Verband will das Geld nicht. Die Entscheidung
       sei ein „fatales Signal“.
       
   DIR Kommentar Edathy-Prozess: Kein Urteil, keine Eindeutigkeit
       
       War das ein Geständnis oder nicht? Naheliegender ist, dass Edathy auf einen
       Freispruch verzichtet hat, weil die Bilder doch recht eindeutig strafbar
       waren.
       
   DIR Schnelles Prozess-Ende im Fall Edathy: Das kleinere Übel
       
       „Die Vorwürfe treffen zu.“ Vier Worte beenden das Verfahren gegen Sebastian
       Edathy. Als Geständnis will dieser das aber nicht verstehen.