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       # taz.de -- Islam in Deutschland: Nicht verfassungskonform
       
       > Islamverbände wenden sich gegen ein Islamgesetz wie in Österreich. Auch
       > Innenminister de Maizière (CDU) lehnt das Ansinnen seiner Parteifreunde
       > ab.
       
   IMG Bild: Auf Deutsch oder auf Türkisch? Freitagspredigt in der Sehitlik in Berlin-Neukölln.
       
       BERLIN taz | In ungewöhnlich scharfen Worten hat sich der größte deutsche
       Islamverband gegen ein Islamgesetz nach österreichischem Vorbild gewandt.
       Dies wäre ein „verfassungswidriges Sondergesetz, das in die Lehre und
       Glaubenspraxis von religiösen Minderheiten eingreift“, erklärte die
       Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) am Freitagabend
       in Köln.
       
       In Österreich verbietet ein neues Islamgesetz seit Februar, dass
       Religionsgemeinschaften aus dem Ausland finanziert werden, wie dies bei der
       Ditib in Deutschland der Fall ist. Bei einigen CDU-Politikern wie dem
       Bundestagsabgeordneten Jens Spahn hatte diese Idee Anklang gefunden. Sie
       legten kürzlich ein Thesenpapier vor, in denen sie „Import-Imame“ als
       Hindernis für die Integration bezeichneten. Außerdem würden sie deutschen
       Imamen gern vorschreiben, in deutscher Sprache zu predigen. Führende
       muslimische Verbände in Österreich halten das Gesetz in ihrem Land
       allerdings für diskriminierend und kündigten Verfassungsklage an.
       
       Auch der deutsche Ditib-Verband lehnt gesetzliche Vorgaben, wer in
       deutschen Moscheen in welcher Sprache predigen darf, ab. Die deutschen
       Muslime hätten „kein sprachliches oder kulturelles Defizit, das durch einen
       ’Integrationsimam‘ ausgeglichen werden müsste“, heißt es in der
       geharnischten Erklärung. Der Ditib-Verband ist eng mit der staatlichen
       Religionsbehörde der Türkei verbunden, die die Imame der rund 900
       Ditib-Moscheegemeinden in Deutschland aus Ankara entsendet und entlohnt.
       
       „Die Imame der Ditib, welche nahezu die Hälfte der Moscheegemeinden in
       Deutschland betreuen, als unzureichend und gefährlich anzusehen, ist
       gegenüber diesen Imamen, die bislang eine sehr gute Arbeit leisten, und
       gegenüber den Muslimen, die diesen Imamen vertrauen, ein Zeichen der
       Unkenntnis und Geringschätzung“, zeigt sich Ditib empört. Der Verband
       erinnerte daran, dass man schon vor Jahren theologische Studiengänge ins
       Leben gerufen habe, um den Bedarf an mehrsprachigen Imamen, die in
       Deutschland sozialisiert sind, zu decken, und außerdem in mehreren
       Bundesländern mittlerweile den Status einer Religionsgemeinschaft erlangt
       habe.
       
       ## König-Fahd-Akademie in Bonn „massiv unterschätzt“
       
       Auch die Türkische Gemeinde in Deutschland hat sich gegen ein Islamgesetz
       ausgesprochen und es als „massive Einmischung in die inneren
       Angelegenheiten von Religionsgemeinschaften“ bezeichnet. Der Vorsitzende
       des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, hatte solch ein Gesetz dagegen
       zunächst als sinnvoll bezeichnet, diese Aussage später aber wieder
       relativiert.
       
       Unterstützung erhalten die Kritiker eines Islamgesetzes nach dem Vorbild
       Österreichs von Grünen und SPD, der nordrhein-westfälische
       Integrationsminister Guntram Schneider (SPD) nannte es „entbehrlich“. Sogar
       Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sieht das so: „Dieses Islamgesetz
       passt nicht in unser Verfassungssystem“, wandte er sich am Donnerstag bei
       Maybritt Illner im ZDF auch an die Adresse mancher seiner Parteifreunde. Er
       sei in der Vergangenheit oft dankbar gewesen, wenn die aus der Türkei
       entsandten Imame der Ditib in Konfliktfällen mäßigend gepredigt hätten.
       
       Das Problem seien gerade nicht die Muslime, die sich in anerkannten
       Religionsgemeinschaften organisiert hätten. Und er erinnerte daran, dass
       die deutschen Kirchen in Afrika Kirchen unterstützten. „Das finden wir gut,
       ich finde das auch gut“, sagte de Maizière.
       
       Gleichwohl gab der Innenminister zu, dass die aus Saudi-Arabien finanzierte
       König-Fahd-Akademie in Bonn „massiv unterschätzt“ worden sei. Die 1995 in
       Anwesenheit prominenter Politiker eröffnete Privatschule hatte sich später
       als ein Hort der Radikalisierung erwiesen. Da sei man „ganz schön
       blauäugig“ gewesen, gab de Maizière freimütig zu – aber dieser Zustand sei
       „Gott sei Dank beendet“.
       
       8 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bax
       
       ## TAGS
       
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