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       # taz.de -- Vergewaltigung in Indien: Zu krasser Film
       
       > Ein Dokumentarfilm über die tödliche Gruppenvergewaltigung von 2012 soll
       > gestoppt werden. Einer der Täter gibt darin dem Opfer die Schuld.
       
   IMG Bild: Die britische Filmemacherin Leslee Udwin führte ein Interview mit einem der Täter.
       
       NEU-DELHI ap/dpa | Mit zutiefst empörenden Worten hat sich einer der Täter
       über die auch international schockierende Gruppenvergewaltigung einer Frau
       in einem fahrenden Bus in Indien geäußert. Der Mann, der für die Tat zum
       Tode verurteilt wurde, sagte in einem Dokumentarfilm unter anderem, die
       Frau hätte die Gruppenvergewaltigung überlebt, wenn sie stillgehalten
       hätte. Der Film soll an diesem Sonntag ausgestrahlt werden. Die Polizei in
       Neu-Delhi will ihn aber gerichtlich stoppen lassen, wie Chef B. S. Bassi am
       Dienstag sagte.
       
       Die britische Filmemacherin Leslee Udwin hatte den 23-jährigen Mukesh
       Singh, der während der Gruppenvergewaltigung Ende 2012 in Neu-Delhi die
       meiste Zeit den Bus fuhr, bereits 2013 vor laufender Kamera befragt. Doch
       erst am Dienstag wurde eine Abschrift davon veröffentlicht. Der Film mit
       dem Titel „India's Daughter“ (Indiens Tochter) soll am Sonntag im Rahmen
       des Internationalen Frauentags in mehreren Ländern ausgestrahlt werden,
       darunter in Indien selbst sowie in Großbritannien, Dänemark, Schweden und
       anderen Ländern.
       
       Aktivisten kritisierten, dass Singh überhaupt keine Reue für das Verbrechen
       zeige. Die Ausstrahlung seiner Kommentare wäre eine Beleidigung für das
       Gedenken an die 23-jährige Studentin, sagte Vrinda Adiga. Sie war von den
       Männern auch mit einer Eisenstange penetriert worden, anschließend warfen
       die Täter die Frau aus dem Bus. Zwei Wochen später starb sie an ihren
       Verletzungen. Die vier Männer hatten sie und ihren Begleiter nach einem
       Kinobesuch im Dezember 2012 in den Bus gelockt.
       
       Zwischen den Gefängnisbehörden und Udwin brach aufgrund der bekannt
       gewordenen Kommentare Singhs ein Streit darüber aus, ob sich die
       Filmemacherin an das vereinbarte Prozedere gehalten habe. Nach Darstellung
       einer Sprecherin des Gefängnisses, in dem Udwin den Vergewaltiger
       interviewte, sollte der Film vor seiner Ausstrahlung von den Behörden
       genehmigt werden.
       
       ## Täter beschuldigt Opfer
       
       Udwin selbst sagte, sie habe alle nötigen Genehmigungen von den
       Gefängnisbehörden und dem indischen Innenministerium gehabt, um den
       Dokumentarfilm zu drehen und die Verurteilten im Gefängnis zu befragen.
       
       In seinen Kommentaren gibt der Verurteilte durchgängig Mädchen und Frauen
       die Schuld an einer Vergewaltigung - sie hätten bei Nacht schließlich
       draußen auf der Straße nichts zu suchen: „Ein Mädchen ist bei weitem viel
       mehr verantwortlich für einen Vergewaltigung als ein Junge“, sagt Singh
       unter anderem in dem Dokumentarfilm. „Ein anständiges Mädchen wird nicht um
       neun Uhr abends noch draußen rumstreifen(...) Hausarbeit ist für Mädchen,
       nicht in Discos und Bars in der Nacht rumhängen, falsche Dinge tun und
       falsche Kleidung tragen.“
       
       Die Todesstrafe, die er und seine drei Komplizen aufgrund eines schnell
       verschärften Gesetzes bekamen, bedroht seiner Ansicht noch eher das Leben
       von Vergewaltigungsopfern. „Wenn sie jetzt ein Mädchen vergewaltigen,
       werden sie es nicht zurücklassen, wie wir es taten. Sie werden es töten“,
       sagte Singh.
       
       Die für Indiens Wasserressourcen zuständige Ministerin Uma Bharati empörte
       sich ebenfalls zutiefst über die Kommentare. Ein Verurteilter sollte keine
       Plattform bekommen, um seine Sichtweise verbreiten zu können, sagte sie.
       
       Die Eltern der Studentin unterstützen die Dokumentation. Die Mutter sagte
       in einem Interview, der Vergewaltiter fordere mit seinen Aussagen die
       Gesellschaft heraus. Er nenne den Vorgang, bei dem er die Eingeweide ihrer
       Tochter herausgerissen habe, einen „Unfall“. „Wenn er wegen eines solchen
       barbarischen Falls nicht gehängt wird, wird das die Gesellschaft
       zerstören.“
       
       4 Mar 2015
       
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